Waldbrände sind auch eine Folge der kapitalistischen Forstwirtschaft

Spiel mit dem Feuer

Immer häufiger kommt es auch hierzulande zu Waldbränden. Sie sind eine Folge des Klimawandels, aber auch der kapitalistischen Forst­wirtschaft. Umweltverbände fordern den Umbau von Monokulturen zu Mischwäldern.

Wegen der hohen Temperaturen und zu wenig Regen herrscht seit Wochen Waldbrandgefahr in der Bundesrepublik. Die größten Brände wurden bislang aus Brandenburg und Sachsen gemeldet. Im Nationalpark Sächsische Schweiz brannten tagelang etwa 140 Hektar Wald. Das Feuer hatte aus dem angrenzenden Naturpark auf tschechischer Seite übergegriffen. Im südlichen Brandenburg stand ein Wald bei Falkenberg/Elster in Flammen, etwa 700 Menschen mussten evakuiert werden. Der Waldbrand griff auf Sachsen über, wo bei Arzberg ein mit Munition belastetes Gebiet erfasst wurde. Und im Berliner Grunewald brach Donnerstag vergangener Woche auf einem Sprengplatz der Polizei ein Feuer aus, das sich in dem trockenen Waldgebiet ausbreitete.

Mit seinen ausgedehnten Kiefernwäldern, geringen Niederschlägen und Sandböden ist Brandenburg das Bundesland mit dem größten Waldbrandrisiko. Dort ereignete sich 2021 ein Drittel aller registrierten Waldbrände in Deutschland. »Durchschnittlich brennt es im Wald jährlich mehrere Hundert Mal«, sagt ein Sprecher des brandenburgischen Landwirtschafts­ministeriums der Jungle World. In diesem Jahr seien bereits 416 Brände gemeldet worden, bei denen eine Fläche von 969,3 Hektar beschädigt wurde, ohne den Brand bei Falkenberg.

Als wichtigste Ursache gelten weggeworfene Zigarettenkippen. Eine Kippe ist jedoch nur der Auslöser, nicht die Ursache. Die Brände sind Folge des Klimawandels, aber auch einer Forstwirtschaft, die viele Jahrzehnte lang schnell wachsende Baumarten in Monokultur gepflanzt hatte, vorwiegend Kiefern und Fichten, die als lukrative »Brotbäume« gelten. Dieses Geschäftsmodell verfolgen sowohl private Waldbesitzer als auch der Staat, dessen Forstbetriebe mindestens keine Verluste einfahren sollen.

Knapp die Hälfte der Waldflächen hierzulande ist Privateigentum, überwiegend in kleinen Parzellen. Nur 13 Prozent gehören Betrieben mit mehr als 1 000 Hektar Fläche. Etwa 29 Prozent der Wälder besitzen die Bundesländer und 19 Prozent die Kommunen. Die regionalen Unterschiede sind groß. In Brandenburg sind heutzutage mehr als 60 Prozent in privater Hand, nachdem die Kollektivierung aus DDR-Zeiten nach der sogenannten Wiedervereinigung rückgängig gemacht wurde. Dem brandenburgischen Landwirtschaftsministeriums zufolge fanden 2020 von 287 Bränden 173 in privaten Wäldern statt.

»Die Gefahr ist gestiegen, dass aus kleinen Bränden größere Flächen­brände werden.« Mirko Schultze, Landtagsabgeordneter
der Linkspartei in Sachse

Die Kiefernwälder in Brandenburg böten »gute Voraussetzungen« für Waldbrände, sagt der Landesgeschäftsführer des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Axel Kruschat, im Gespräch mit der Jungle World. Der Klimawandel führe dazu, dass es immer weniger regne, so dass der Grundwasserspiegel sinke. Dazu komme der Braunkohleabbau. Dabei müssten riesige Mengen Grundwasser abgepumpt werden, was den Wasserhaushalt störe, so Kruschat. Die Eigenschaften der Kiefer, die kaum Unterwuchs zulassen, tragen ebenfalls zur Austrocknung der Waldböden bei. Der BUND fordere, mindestens die Hälfte des Waldes von Monokulturen zu einem Mischwald umzubauen. »Das Land gibt dafür zu wenig Geld aus. Das würde 250 Jahre dauern«, kritisiert Kruschat.

Der Sprecher des brandenburgischen Landwirtschaftsministeriums sagt, es liege nicht am Geld. Ein Problem sei, dass sich das Waldeigentum auf etwa 100 000 Personen und Erbengemeinschaften verteile. Sie alle zu erreichen und für den Waldumbau zu gewinnen, sei »sehr schwer möglich«. Viele scheuten auch den »hohen Verwaltungs- und Bürokratieaufwand«, der mit der Förderung verbunden sei.

Als Alternative bleibt nur der sogenannte natürliche Umbau, bei dem sich Laubbäume durch Samen vermehren. Dem stehe entgegen, sagt Kruschat, dass es zu viele Rehe, Hirsche und Wildschweine gebe, die fast die Hälfte aller jungen Bäume anfräßen. Es müsste mehr Wild geschossen werden, was bislang an den organisierten Jägern scheitere. »Die SPD ist vor der Jagdlobby eingeknickt«, so Kruschat. Der Entwurf des neuen Landesjagdgesetzes soll im Herbst im Kabinett und Landtag verhandelt werden.

In Sachsen dominiert die Fichte, etwa im Nationalpark Sächsische Schweiz. »Fichten sind nicht heimisch und ein Fichtenwald kann weniger Feuchtigkeit speichern«, sagt der Vorsitzende des BUND-Landesverbands Sachsen, Felix Ekardt, im Gespräch mit der Jungle World. »Die Klimakrise schafft mit Hitze und Trockenheit den Nährboden dafür. Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass solche Katastrophen auftreten«, so Ekardt.

In Sachsen ist das gesamte Bundesland bedroht. »Wo Wälder sind, sind auch Waldbrände möglich«, sagt der Landtagsabgeordnete Mirko Schultze (Linkspartei), der Fraktionssprecher für Kommunalpolitik und Bevölkerungsschutz, der Jungle World. Er kritisiert die mangelnde Anpassung und Waldbrandprävention. Vernachlässigt worden sei die Diversität bei der Aufforstung, die Anlage von Brandschneisen und die Entfernung abgestorbener Bäume und herumliegenden Holzes aus dem Wirtschaftswald, um die Brandgefahr zu reduzieren.

Zwar gab es schon früher große Waldbrände, etwa 1992 in Weißwasser, aber der Klimawandel und das fehlende Problembewusstsein führten dazu, dass diese sich häufen. »Die Gefahr ist gestiegen, dass aus kleinen Bränden größere Flächenbrände werden«, sagt Schultze.
Obendrein schränkt die Trockenheit die Wasserversorgung ein und damit auch die Löscharbeiten. In Nordsachsen waren Waldgebiete betroffen, in denen Munition aus früherer militärischer Nutzung im Boden liegt; dort kann ein kleines Feuer schnell groß werden, wenn sich Sprengstoff entzündet, und die Arbeit der Feuerwehr ist dadurch stark erschwert. Schultze fordert eine bessere Ausstattung der Feuerwehr, Prävention als verpflichtenden Teil der Waldbewirtschaftung sowie die Umsetzung der Klimaschutzziele.

Ekardt sagt, im Nationalpark brauche es mehr Ranger, um die Regeln durch­zusetzen: Die Besucher müssen auf den Wegen bleiben, dürfen kein Feuer ­anzünden und nachts ist das Betreten verboten. Um die Waldbrandgefahr langfristig zu mindern, fordert Ekardt eine Energie-, Agrar- und Mobilitätswende. Ein entscheidender Punkt für die Umweltverbände ist der Umbau von Monokulturen zu Mischwäldern – das sieht auch Schultze so.