Die Kolumnistin hat nichts für Pullunder übrig

Farbe? Deprimierend!

Vielleicht lag es generell am Montagmorgen oder am niedersächsischen Wahlergebnis, an der russischen Bombardierung ukrainischer Städte. Oder auch nur daran, dass die Zeiten einfach nicht so sind, dass man die kuschelige Winterbekleidung versprechende Werbemail einer Bekleidungskette ungeöffnet wegwirft.

Die Nachricht beginnt apart: »Mein Stilvorbild: Grandpa.« Es folgen Bildchen sehr unschön angezogener Menschen, die deprimierendfarbige Bekleidung tragen. Für mehr Angebote bitte klicken, heißt es in der Mail, und bevor man »Oh nein« zu Ende gedacht hat, ist es auch schon passiert. Und man ist mittendrin in einer Welt voller – meine Güte – Pullunder?!

Es sind sogar mehrere Pullunder, auch noch in Mustern, die jeder, der die Siebziger auch nur halbwegs erlebt hat, sofort wiedererkennt: Rauten, Streifen, Karos, also genau das, was damals die bedauernswerten Kinder anziehen mussten, die nicht selber aussuchen durften, was sie tragen. Und damit zu rundum freudlosen Erscheinungen wurden, wie es auch nicht anders zu erwarten ist, wenn man Wehrlose in ein beiges Hemd steckt und sie zwingt, drüber einen moosgrün-nazibraun-orange-senffarben gestreiften/karierten/rautierten Pullunder zu stülpen. Während die coolen Kids grell kolorierte psychedelisch wirkende Ensembles trugen und sich des aufregenden Lebens freuten, durften die Pullunders im Prinzip nix außer Lernen, nachmittags zur Nachhilfe gehen und abends den Müll rausbringen.

Und nun, wo die Anschaffung warmer Kleidung zwingend erforderlich zu werden scheint, sollen wir also alle aussehen wie Heimatvertriebene beim Schlesiertreffen? Es wird wirklich höchste Zeit, dass Putin ab- und durch jemanden ersetzt wird, der nicht nur den Krieg beendet, sondern auch veröffentlicht, wer im Ausland alles vom Kreml bezahlt wurde. Ganz sicher sind auch gewisse Modedesigner darunter.