Aleksej Moskaljow wurde verhaftet, weil seine Tochter eine missliebige Zeichnung anfertigte

Papa Staatsfeind

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Aleksej Moskaljow ist ein neuzeitlicher Antiheld, wie es ihn so nur in Russland gibt. Dabei hätte der alleinerziehende Vater und Unternehmer aus Jefremow, einer Kleinstadt im Gebiet Tula, vermutlich lieber weiterhin in Ruhe Pfauen und Fasane gezüchtet. Doch daraus wird vorerst nichts. Moskaljow gilt als verurteilter Straftäter, im April wird ihm mit ziemlicher Sicherheit außerdem das Sorgerecht für seine 13jährige Tochter Mascha entzogen. Weil sein Fall erhebliches öffentliches Aufsehen erregt hatte, interessiert sich nun sogar der Kreml für den Mann. Die Angelegenheit sei »nicht so geradlinig«, wie es scheine, hatte Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow gesagt.

Im April 2022 fertigte die damalige Fünftklässlerin Mascha im Zeichenunterricht ein Bild an, das zeigt, wie russische Raketen Richtung Ukraine fliegen. Neben einer ukrainischen Flagge sind eine Frau und ein Kind zu sehen. Die Lehrerin meldete den Vorfall, woraufhin der Staatsschutz den Vorschlag unterbreitete, den Teenager einer patriotischen Jugendgruppe anzuvertrauen. Moskaljow lehnte ab und wurde zunächst zur Zahlung eines Bußgelds verurteilt, weil er im sozialen Medium Odnoklassniki (zu Deutsch: Mitschüler) die russischen Streitkräfte als »Gewalttäter« bezeichnet hatte.

Doch das war nur das Vorspiel. Wegen »wiederholter Diskreditierung der russischen Armee« liefen im Dezember Strafermittlungen an. Moskaljow wurde unter Hausarrest gestellt und Ende März fand nach einem Schnellprozess die Urteilsverkündung statt – zwei Jahre Haft –, allerdings in Abwesenheit des Angeklagten. Dem Platz auf der Anklagebank zog er die Flucht vor, schaffte es aber nur bis ins belarussische Minsk, wo er vorige Woche festgenommen wurde. Vermutlich konnte ihn die Polizei orten, weil er sein Handy angeschaltet hatte.

Mascha befand sich zu dem Zeitpunkt von der Außenwelt isoliert in einem Heim für Minderjährige. Anstatt zu ihrer Mutter Olga Sittschichina aufs Land zu ziehen, wird Masha wohl in eine Pflegefamilie kommen. Die russische Kinderrechtsbeauftragte Maria Lvova-Belova sagte am Dienstag, dass mehrere Familien in Frage kommen. Mascha wiederum verfasste einen Brief an ihren Vater, in dem sie ihn aufforderte, nicht aufzugeben. Er endet mit: »Liebe Dich, du bist ein Held.«