Zum zweiten Mal fand in Ungarn das rechte Netzwerktreffen CPAC statt

Chuck Norris und die No Woke Zone

Auf der Conservative Political Action Conference (CPAC) vernetzen sich Rechtsextreme und Konservative gegen »woke Eliten«. Vergangene Woche fand das Treffen zum zweiten Mal in Budapest statt. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán versucht, sich als Anführer einer internationalen Rechten zu inszenieren.

Wer hier die Treppen hinuntersteigt, betritt die »No Woke Zone«. So verspricht es ein Schriftzug über dem Eingang zur Conservative Political Action Conference (CPAC) Hungary, wie Fotos zeigen. Am 4. und 5. Mai fand das rechte Vernetzungstreffen, das eigentlich US-amerikanischen Ursprungs ist, in der ungarischen Hauptstadt Budapest statt. Zu den Rednern gehörten Trump-treue Republikaner, der Vorsitzende der rechtsextremen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Herbert Kickl, der neue Vorsitzende des französischen Rassemblement national, Jordan Bardella, Eduardo Bolsonaro, einer der Söhne des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, und viele mehr. Grußbotschaften per Video kamen vom kürzlich gefeuerten Fox-News-Moderator Tucker Carlson, dem rechtsextremen Medienstrategen Steve Bannon und von Donald Trump höchstselbst, der seine Getreuen auf den »Kampf gegen die Barbaren« einschwor.

Seit 1974 wird die Konferenz des rechten Flügels der Republikaner jährlich von der American Conservative Union (ACU) veranstaltet. In jüngster Zeit dominieren Trump-Anhängern die CPAC. Dessen wichtigster Rivale bei den Republikanern, der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, blieb ihr beim letzten Mal im März in Maryland sogar fern.

»Komm zurück, Mr. President! Mach Amerika wieder großartig und bring uns Frieden!« Viktor Orbán auf der CPAC-Konferenz in Budapest

Seit einigen Jahren findet die Konferenz auch außerhalb der USA statt – in Brasilien, Japan und nun schon zum zweiten Mal in Ungarn. Rechte und Konservative, die sich von »woken Eliten« gegängelt und angegriffen fühlen, empfinden Viktor Orbáns »illiberale Demokratie« als eine Art safe space. »Für mich ist eine Reise nach Ungarn eine Reise in die Normalität«, sagte Hans-Georg Maaßen (CDU) im vergangenen November der Budapester Zeitung. Für den ehemaligen Prä­sidenten des deutschen Verfassungsschutzes ist Ungarn ein Ort, »wo ich als weißer deutscher Mann nicht diskriminiert und diffamiert werde«. Auch für US-Rechte ist Ungarn ein Sehnsuchtsort. Tucker Carlson sendete 2021 für Fox News eine Woche lang aus ­Budapest und teilte seinen Landleuten von dort aus mit, man müsse nach Ungarn schauen, »wenn einem westliche Zivilisation und Demokratie und Familie wichtig« seien (»Autoritäre Sehnsüchte«, Jungle World 50/2021). Auf der diesjährigen CPAC in Budapest wurde das Land als »no country for woke men« gefeiert.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán inszeniert sich gerne als Vorreiter einer globalen Rechten. »Ungarn ist zu einem Inkubator für konservative Politik geworden. Wir haben die Migration an unseren Grenzen gestoppt, der Gender-Propaganda in den Schulen ein Ende gesetzt und setzen uns unermüdlich für Frieden ein. Das ist das Heilmittel gegen das progressiv-liberale Virus«, schrieb er auf Twitter. Auf der Budapester CPAC hielt er die Eröffnungsrede und forderte: »No migration, no gender, no war.« Dabei grüßte er auch Donald Trump: »Ich bin mir sicher, wenn Trump noch Präsident wäre, gäbe es keinen Krieg in der Ukraine und Europa. Komm zurück, Mr. President! Mach Amerika wieder großartig und bring uns Frieden!«

Der Politikwissenschaftler Markus Linden schrieb auf Zeit Online: »Die Wahlniederlage Trumps hat die Position Orbáns im Feld gestärkt.« Er weist darauf hin, dass Orbán auch auf der CPAC, die im August 2022 in Texas stattfand, die Eröffnungsrede hielt. Dort brachte er die Orientierung der rechten Internationale wie folgt auf den Punkt: »Wir brauchen mehr Chuck Norris und weniger Drag Queens.«

Orbán betreibe rechte Metapolitik, so Linden, »also die Verschiebung der Diskurslandschaft hin zur anvisierten Hegemonie reaktionärer Ideologie«. Hierfür nutze Orbán unter anderem reaktionäre Think Tanks, wie beispielsweise des Mathias Corvinus Collegium (MCC), das inzwischen als »eigene Kaderschmiede und Anlaufstelle für Gäste aus Publizistik und rechtem Hochschulmilieu« der ungarischen Regierung diene.

Maaßen war der einzige Sprecher aus Deutschland. Die AfD war nicht offiziell auf der CPAC vertreten. »Ihr fehlender Zugang zu Regierungsbeteiligungen macht sie für Vertreter anderer Parteien (…) weniger interessant«, urteilte die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit, deren Chefredakteur Dieter Stein vor Ort war.

In ihren Angst- und Feindbildern (»woke Eliten«, Migranten, Trans-Aktivisten) waren sich die CPAC-Teilnehmenden weitestgehend einig. Doch herrschte nicht nur traute Einigkeit in der »No Woke Zone«. Dies wurde ­beispielsweise an einer Panel-Diskussion mit Hans-Georg Maaßen deutlich. »Warum lassen wir die illegale Einwanderung zu?« fragte dieser und gab selbst die Antwort: »Weil die Linken Deutschland und die Europäische Union destabilisieren wollen.« Für diese Paraphrasierung der Verschwörungserzählung vom »Großen Austausch« war ihm der Applaus noch sicher. Etwas verhaltener fiel der Beifall aus, als Maaßen sich gegen eine Verteilung von Geflüchteten innerhalb der EU aussprach – eine Maßnahme, die sich auch rechtsextreme Politiker aus Italien wünschen, die die ungarische Regierung aber vehement ablehnt.