Coco liebt Joghurt und Fisch, Herrchen folgt der Science

Wissenschaft und Werbung

Der Kolumnist ist empört: Soll Coco zu Sushi verarbeitet werden?
Cocolumne Von

Im Radio hörte ich einst täglich eine extrem nervende Werbung, in der es um »Coco Sushi« ging. So dachte ich. Ich war wütend: So eine furchtbare Reklame mit dem Namen meines lieben Hündchens Coco. Ein Skandal.

Doch dann hörte ich genauer hin und stellte fest, ich hatte mich vertan. Nun vernahm ich klar und deutlich den Singsang: »Gib mir Geschmack, bring mir Joghurt-Sushi«. Ich verstand zwar immer noch nichts – worum ging es da überhaupt? –, aber ich war so erleichtert, dass es nicht Coco war, dass ich künftig nicht mehr in Frage stellte, was ich nun zu wissen meinte. Monatelang rätselte ich nur noch, wie denn Joghurt-Sushi schmecken könnte – bis ich eines Tages auf einer Plakatwerbung sah, dass ich mich wohl wieder verhört hatte. Von Joghurt war gar nicht die Rede. Wahrscheinlich muss ich mal zum Ohrenarzt.

Der Übergang zwischen Werbung und Wissenschaft ist bekanntlich fließend. Jede Zahnpasta ist »klinisch geprüft«, jede Handcreme »dermatologisch getestet«, die Künstliche Intelligenz wird von der Autoindustrie entwickelt, ja, man bekommt leicht den Eindruck, der Großteil der Körperpflegeprodukte, Lebensmittel, Möbel und Technologien werde eigens von Wissenschaftlern entwickelt und Unternehmern hergestellt, um unsere Gesundheit und die Zivilisation voranzubringen. Sollte für den Hersteller hier und dort ein kleiner Gewinn abfallen, ist das sicher nur ein unbeabsichtigter Nebeneffekt.

Es ist nur wenig klug, die Parole »Follow the Science« mit Kapi­talismuskritik zu verwechseln. Sie aus kolonialismuskritischen Gründen zu verwerfen, wie es derzeit in gewissen Kreisen en vogue ist, oder auch, sie gleich durch »Follow the Barbarians« zu ersetzen, ist natürlich noch sehr viel dümmer

Kein Kapitalismus – und auch kein anderes Wirtschaftssystem – ohne wissenschaftliche Erkenntnis. Überall wird geforscht: in Fabriken und Laboren, an privaten Hochschulen; aber auch an staatlichen Universitäten finanzieren Unternehmen erhebliche Teile der Forschung, ja ganze Lehrstühle. Das muss nicht schlecht sein, schließlich sind sie es, die dann auch Dinge produzieren, die in unseren Alltag vordringen und dann bitteschön auch ordentlich funktionieren und sinnvoll sein sollen.

Es ist nur halt wenig klug, die Parole »Follow the Science« mit Kapi­talismuskritik zu verwechseln. Sie aus kolonialismuskritischen Gründen zu verwerfen, wie es derzeit in gewissen Kreisen en vogue ist, oder auch, sie gleich durch »Follow the Barbarians« zu ersetzen, ist natürlich noch sehr viel dümmer, aber das soll jetzt hier nicht das Thema sein.

Dass nicht zuletzt auch die Wissenschaft selbst nicht vor Irrtümern gefeit ist und man ihr trotzdem gerne folgt, kennen wir bereits seit Aristoteles. Erfolgreich hielt sich jahrhundertelang seine falsche Erkenntnis, Männer hätten natürlicherweise mehr Zähne als Frauen. Immerhin kann man davon ausgehen, dass Aristoteles nicht für Zahncreme werben wollte. Das ist aber auch nur eine Vermutung. Die Aristoteles-Forschung weiß jedenfalls nichts Gegenteiliges. Follow the Science!

Coco jedenfalls liebt Joghurt und Fisch über alles. Sollte doch mal jemand Joghurt-Sushi auf den Markt bringen, wüsste ich eine Abnehmerin.