Der Kolumnist macht sich über Dankbarkeit Gedanken

Der Welten Lohn

Über Hunde, Bauern und Waffenlieferungen
Cocolumne Von

Neulich war der Welttag der Dankbarkeit. Es ist naheliegend, dass dieser zum Sommerende in der nördlichen Hemisphäre, so ungefähr zur Zeit des Erntedankfestes stattfindet. Historisch hängt die Initiierung des Gedenktages durch die Uno wohl mit Thanksgiving zusammen. Der Tag, sollte man meinen, ist also vor allem den Landwirten gewidmet, denen wir bekanntlich die Nahrungsgewinnung verdanken, doch eigentümlicherweise richtet sich der Dank eher nach oben, in den Himmel, dem Herrgott zu.

Es mag zwar der Landwirt gewesen sein, der die Arbeit verrichtete, aber am Wetter konnte er schließlich nichts drehen. Für das Wetter sind höhere Mächte zuständig. So war es früher jedenfalls. Heutzutage werden ja Temperaturen wie sonst Welttage von der Uno festgelegt und Demonstranten fordern von der Bundesregierung die richtigen Niederschlagsmengen.

Wenn künftig eine Ernte verhagelt oder verdorrt, ist also nicht der Herrgott schuld, sondern der Mensch. Doch eigentlich ist das nichts Neues. Die Schuld war schon immer dem Menschen zugeordnet. Doch was ist mit dem Dank, etwa wenn es, allen Prophezeiungen zum Trotz, doch eine gute Ernte gibt? Wem wird dann gedankt? Fridays for Future? Oder doch wieder Gott? Dass es nicht die Landwirte sein werden, darf jedenfalls als gesichert gelten.

Doch wofür sind die Menschen überhaupt dankbar? Flugs gegoogelt zeigt sich, dass die Hälfte der Suchmaschinentreffer zu Kirchen, Bistümern oder dem christlichen Sender Radio Paradiso führen. Es ist ihr Thema.

Auch viel Undank ist in der Welt: »Britischer Verteidigungsminister ermahnt Ukraine zu mehr Dankbarkeit für gelieferte Waffen«, »Fehlende Dankbarkeit: Polen verlieren die Geduld mit der Ukraine«.

Kein Wunder, wir erinnern uns schließlich alle an das schöne Kirchenlied, in dem es heißt: »Danke für meine Arbeitsstelle.« Aber auch im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine gibt es viel Dank: »Hilfstransport: Spenden sind in der Ukraine angekommen – Dankbarkeit ist groß«, »Schweiz schickt Leopard-Panzer zurück – Dankbarkeit in Deutschland«.

Aber, oh je, auch viel Undank ist in der Welt: »Britischer Verteidigungsminister ermahnt Ukraine zu mehr Dankbarkeit für gelieferte Waffen«, »Fehlende Dankbarkeit: Polen verlieren die Geduld mit der Ukraine«. Tja, Dankbarkeit ist etwas, das auch eingefordert wird. Eine Art Gegenleistung, und sei sie nur symbolischer Natur.

Davon ist bei Coco nichts zu sehen. Wir bürsten sie, wir ziehen ihr Zecken aus dem Fell, füttern sie – und sie? Wie zeigt sich ihre Dankbarkeit?

Gar nicht. Sie ist tagelang beleidigt, wenn man sie gebürstet hat, obwohl das ja nur zu ihrem Besten geschieht. In Hundezeitschriften ist sehr viel von den angeblich ach so dankbaren Haustieren zu lesen, aber in wissenschaftlichen Versuchen konnte dies nicht verifiziert werden.

Hunde machten dabei keinen Unterschied zwischen Menschen, die ihnen bei der Futtergewinnung halfen, und solchen, die das nicht taten. Sie nahmen das Futter und das war’s. Also in etwa so, wie wir es mit den Landwirten machen.