Über Löwen und Hunde

Willkommen im Pleistozän

Cocolumne Von

Diesmal gab es gleich zwei Sommerlöcher. Eines bestand darin, dass der Sommer selbst eine Zeitlang komplett in einem Loch aus Dauerregen verschwand, was dazu führte, dass das Wacken-Festival laut Polizei so friedlich verlief wie seit langem nicht mehr. Die gesamte Energie der Besucher musste schließlich dar­auf verwendet werden, nicht im Schlamm abzuschmieren. Zum anderen widmeten sich die Medien, trotz Krise, Krieg und Klima, endlich mal wieder einem klassisch leichten Sommerlochthema, nämlich der Löwin in Berlin.

Lassen Sie uns auf dieses Katzentier zurückkommen, obwohl dies eine Hundekolumne ist. Offenbar sind einige Verschwörungstheoretiker immer noch überzeugt, dass es eine Raubkatze und kein Wildschwein war. Die Regierung belüge uns, behaupten sie. Das mag verrückt erscheinen, doch so ganz abwegig ist der Gedanke nicht. Löwen in Deutschland – das ist durchaus denkbar. Nämlich, wenn wir uns ins Pleistozän zurückdenken. Das ist noch gar nicht so lange her. Die Steinzeitmenschen sind dem Höhlenlöwen noch begegnet und haben ihn in Gemälden verewigt. Ja, es gibt sogar die Theorie, der Mensch sei schuld am Aussterben der Großkatze in Europa.

Die Steinzeitmenschen sind dem Höhlenlöwen noch begegnet und haben ihn in Gemälden verewigt. Ja, es gibt sogar die Theorie, der Mensch sei schuld am Aussterben der Großkatze in Europa.

Heute gibt es sie hier bekanntlich nicht mehr, aber auch weltweit ist es um die Löwen schlecht bestellt. Nur noch etwa 25.000 von ihnen leben in Afrika, ein paar Hundert in Asien und rund 2.000 in Zoos. Und einige in Privathaltung. Insgesamt gibt es also nur halb so viele Löwen auf der Welt wie dieses Jahr Besucher in Wacken. In Deutschland leben nicht nur keine Löwen, sondern insgesamt sehr wenige katzenartige wilde Tiere: Luchse und Wildkatzen breiten sich zwar dank intensiver Schutzbemühungen langsam wieder aus, sind aber immer noch sehr selten und sehr scheu und kaum einmal mit bloßem Auge zu erblicken. Hundeartige wilde Tierarten finden wir hierzulande deutlich mehr: Wolf, Fuchs, Stein- und Baummarder, Fischotter, Dachs, Iltis, Wiesel, Seehund, Kegelrobbe, Waschbär, Marderhund, seit neuestem auch der Goldschakal und, wenn man ihn ließe, auch der Braunbär.

Wie man sieht, ist die Verwandtschaft der hundeartigen Tiere recht weitläufig. Das kann Coco jedoch nicht beruhigen. Man kann mit ihr kaum mehr abends entspannt Gassi gehen, weil sie ständig ausflippt, wenn irgendwo ein Fuchs auftaucht, und es taucht oft einer auf. Verwandtschaft ist eben noch keine Freundschaft. Sie bellt abends auch andere Hunde auf der Straßenseite gegenüber an. Was sie bei Löwen täte, weiß ich nicht. Vermutlich auch bellen.

Der ex­tra zur Löwenjagd gezüchtete Rhodesian Ridgeback tut übrigens auch nichts anderes. Er macht viel Tamtam mit viel Wauwau und beschäftigt so die Löwen für eine Weile, bis Herrchen mit der Flinte kommt. Trotzdem würde ich Coco nicht vorschicken wollen, falls wirklich mal ein Löwe ausbricht oder wir im Pleistozän leben würden. Die Mammuts würde sie sicher auch nicht mögen.