Weibliche Genialität und softe Himmelswesen in Literatur, Film und Musik

Frisch aus der Antifa-Küche

Popkolumne. Sargnagel und Rösinger in Iowa, Hayao Miyazaki im Kino
Die Summens Von

»Das weibliche Genie ist immer allein, und wenn Männer sagen, sie stünden auf Frauen mit Humor, meinen sie in der Regel, die Frauen sollen über ihre Witze lachen und nicht witziger sein als sie.« Wer hier mitten in der Einöde Iowas wieder einmal köstlich vom Leder zieht, ist die erklärte RZB-Kritikerin Christiane Rösinger (RZB steht für »romantische Zweierbeziehung«).

Als Mitreisende hat Rösinger in Stefanie Sargnagels gerade erschienenem Bericht »Iowa. Ein Ausflug nach Amerika« »korrigierende Fußnoten« hinzugefügt. Das Buch lebt von den lakonisch-sarkastischen Gesprächen der beiden Freundinnen, die eine diebische Freude daran haben, einander ständig zu widersprechen.

Nach Iowa hat es sie verschlagen, weil Sargnagel dort in einem 8.000-Seelen-Dorf »Creative Writing« unterrichten und Rösinger ein Gastkonzert geben soll. Wenn die abgeklärten Frauen die USA erkunden, arbeitet Sargnagels Beobachtungsradar am Anschlag. Die ideale Lektüre, um gegen alle Widrigkeiten gestählt ins neue Jahr zu starten.

2023 war nicht nur das wärmste aller bisher meteorologisch aufgezeichneten Jahre, sondern gefühlt auch das faschistischste seit dem Ende der Nazi-Herrschaft.

Als filmischer Auftakt empfiehlt sich »Der Junge und der Reiher«. Der Animationsfilm von Hayao Miyazaki erzählt eine autobiographisch gefärbte Familiengeschichte über das Grauen des Kriegs, Chaos, Ordnung und Tradition. Abgründig, irrwitzig und vor Kreativität berstend geht es um Trauerarbeit, surreale Tiergestalten und Himmelswesen. Womit wir gewissermaßen auch beim Wetter angelangt wären.

2023 war nicht nur das wärmste aller bisher meteorologisch aufgezeichneten Jahre, sondern gefühlt auch das faschistischste seit dem Ende der Nazi-Herrschaft. Prompt schickt die Gruppe Ja, Panik uns gleich zum Jahresbeginn einen musikalischen Gruß aus der Antifa-Küche: »USHUAIA« heißt die dritte Single aus ihrem kommenden Album »Don’t Play With the Rich Kids«.

Unterdessen dürfen sich Outsider-Musike­r:innen zwischen Folk, Freejazz und Electronica gleich zu Beginn dieses Jahres damit abfinden, dass der Streaming-Gigant Spotify für die ersten 1.000 Plays jedes Stücks fortan keinen Cent mehr ausschüttet. Pro Stück bedeutet das knapp drei Euro weniger im Portemonnaie der Musikan­t:in­nen.

So spart man sich künftig wenigstens die nervigen Debatten über die ­verschwindend geringen Ausschüttungen in Indiehausen. Bei nix gibt es bekanntlich auch nix mehr zu diskutieren. In diesem Sinne (und trotz alledem): Willkommen im neuen Jahr!