Montag, 19.03.2018 / 09:39 Uhr

Annexion von Afrin 'auch in europäischem Interesse'

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Aus der FAZ:

Plant die Türkei nun, arabische Flüchtlinge in den „Schutzzonen“ anzusiedeln, wie das kurdische Quellen behaupten? Tatsächlich hätte eine solche Politik aus türkischer Sicht den Vorteil, den kurdischen Bevölkerungsanteil dieser Gebiete an ihrer Grenze zu senken. Solch ein „demographisches Engineering“ durch staatlich betriebene Ansiedlungen wäre nichts Neues – die Kurden in Syrien kennen das noch aus der Zeit von Hafez al-Assad, des Vaters des jetzigen syrischen Diktators.
Bild: F.A.Z.

Abgesehen von dem Zweifel, ob sich ganze Bevölkerungsgruppen heutzutage noch wie Schachfiguren auf dem Spielbrett verschieben lassen, stellt sich allerdings auch die Frage, ob die kurdische Bevölkerung in Afrin und den beiden weiter östlich gelegenen nordsyrischen Kantonen eine solche Politik einfach so hinnehmen würde. Das gälte besonders, wenn die Türkei Araber in mehrheitlich kurdischen Städten wie Afrin ansiedeln wollte. Türkische Diplomaten halten dem entgegen, dass eine solche Politik auch im europäischen Interesse sei. Sie nehme Druck vom türkisch-europäischen Flüchtlingspakt und eröffne langfristig auch für die Rückkehr syrischer Flüchtlinge aus Europa eine Perspektive.

Türkische Gesprächspartner weisen auf mehrere Indizien hin, die dafür sprächen, dass Vermutungen über die geplante Annexion von Teilen Syriens zutreffen könnten. Zunächst sind da die Äußerungen türkischer Politiker. Ibrahim Kalin etwa macht deutlich, dass die Türkei nicht die Absicht habe, Afrin nach dem Ende des Feldzugs und der Zerschlagung der YPG an Assad zu übergeben. Mit anderen Worten: Ankara will selbst entscheiden, wie es dort weitergeht. Beachtung verdient auch das Vorgehen der türkischen Katastrophenschutzbehörde Afad, die für die Verwaltung der Flüchtlingslager in der Türkei zuständig ist. Afad hat angekündigt, in der Provinz Idlib sowie in den Gebieten, die während der Operation „Schutzschild Euphrat“ unter türkische Kontrolle gebracht wurden, insgesamt neun Flüchtlingslager errichten zu wollen. Zudem habe man den Generalstab der türkischen Armee informiert, dass bei Bedarf auch im Kanton Afrin ein Lager aufgebaut werden könne. In Idlib betreiben Afad und der türkische „Rote Halbmond“ bereits ein Lager für 3000 Binnenvertriebene. Ist das eine Vorstufe von einem „Türkisch-Afrin“? Eine Annexion bliebe schwerlich ohne Antwort der Staatengemeinschaft.