Sonntag, 18.03.2018 / 11:48 Uhr

Weihrauch, Asche und Eva Menasse

Von
Gastbeitrag von Ilse Schmidt

Seit Wochen war sie ausverkauft, die Kölner Lesung zum „israelkritischen“ Buch Oliven und Asche. Herausgegeben wurde es vom amerikanischen Schriftstellerehepaar Michael Chabon und Ayelet Waldmann, gemeinsam mit der kleinen, linken israelischen Organisation Breaking the Silence. Die Warteschlange im Vorraum des Kölner Museum Ludwig war schon 20 Minuten vor Veranstaltungsbeginn sehr lang. Man drängelte sich, zeigte jedoch Geduld. Für die Teilnahme an einem solchen Event muss man schon Opfer bringen. „Ich war dabei“ hätte der Buchtitel vielleicht auch lauten können… Also jetzt für Teile des Publikums…

Verzweifelt fragten Einige vor dem Eingang nach Restkarten. Und es waren wieder alle aus Köln versammelt, die aus der deutschen Geschichte „Lehren gezogen“ haben. Die zu den Guten, den Edlen gehören. Die endlich Frieden nach Nahost bringen. Haupthindernis für den Unfriede sind selbstredend nicht vom Iran ausgestattete Terroristen oder „Selbstmordattentäter“. Die kommen hierzulande nur schlecht an, wenn sie in deutschen Städten ihren destruktiven Wahn ausleben. Nein: Hauptschuldige sind selbstverständlich übergriffige, gewalttätige israelische Soldaten. Und „die Siedler“ – davon werden wir gleich noch mehr hören. Zu einer Lesung über die barbarischen, von mehreren Despoten zu verantwortenden Verbrechen in Afrin wäre der Großteil des Publikums vermutlich nicht erschienen. Und zu einer Lesung über die verheerende Menschenrechtslage, die Unterdrückung von Frauen im Iran gleichfalls gewiss nicht.

Vor den beiden Eingängen wurden Flugblätter des rührigen, 2014 gegründeten Kölner Bündnisses gegen Antisemitismus verteilt.[i] Israelhass mit gutem Gewissen war das Flugblatt, sprachlich durchaus nicht zurückhaltend, überschrieben. Einige Besucher nahmen die Flugblätter mit, andere waren eher empört. Die Moderatorin der Veranstaltung, die WDR-Ikone Sonia Mikich, langjährige Leiterin des kritischen Fernsehmagazins Monitor, war weniger angetan: „Ach, schon wieder Antisemitismus“, murmelte die ganz blau Gewandelte ziemlich genervt. Nach Jahrzehnten linker Publizistik sollte es mit dem Reden über Antisemitismus in Deutschland wirklich mal ein Ende haben. Dies war zweifelsohne nicht nur die die Botschaft, die existentielle literarische Erkenntnis der „linken“ Schriftstellerikonen Grass und Walser…

Eine kleine Erinnerung: „WDR proudly presents BDS“ – & Walter Herrmann

Dass Mikichs WDR, aktiver Medienpartner der LitCologne, vielleicht ein kleines Problem, zumindest eine tiefe Ambivalenz zum Antisemitismus hat ist u.a. in der Jüdischen Allgemeinen im vergangenen Jahr mehrfach beschrieben worden.[ii] Man erinnere sich an die vom WDR anfangs abgelehnte Ausstrahlung der aufrührenden Fernsehdokumentation Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa. Als die Kritik an dieser befremdlichen Ausgrenzung unüberhörbar wurde machte der WDR die Sache nur noch schlimmer: Er strahlte die Sendung zwar aus, unterzog sie jedoch einem „Faktencheck“ – und stattete sie mit denunziatorisch-oberlehrerhaften Untertitelungen aus, um den seriösen Ruf der Filmemacher wirklich für immer zu ruinieren.

Der Journalist Michael Wuliger hat in seiner feinen Rubrik „Wuligers Woche“ in der Jüdischen Allgemeinen mehrfach sehr Treffendes zum Thema geschrieben, so Ende 2017 den Beitrag „WDR proudly presents BDS“.

Das „liberale“ Köln war in den vergangenen Jahrzehnten schon häufig der Ort eines unverhüllten Antisemitismus. Dieser hat in Köln eine lange Tradition, angefangen von der Schändung der Kölner Synagoge Weihnachten 1959.

Es sei daran erinnert: Viele Wochen, wenn nicht sogar Monate lang lagerte der verschrobene „Klagemauer-Betreiber Herrmann nachts vor dem Eingang eines WDR-Gebäudes nahe des Domvorplatzes die wuchtigen „Befestigungssteine“ für seine antisemitisch anmutenden Papptafeln. Hunderte von Menschen und WDR-Mitarbeitern nahmen dies morgens und abends wahr. Gestört hat es sie offenkundig nicht – zumindest unternahmen sie nichts dagegen. Als der Kölner Schauspieler und Blogger Gerd Buurmann hierauf öffentlich hinwies war es mit der Liberalität und Diskursfreiheit des WDR vorbei: Eine WDR-Juristin drohte mit Klagen. Vergeblich: Wenig später war es vorbei mit dem Außenlager der „Kölner Klagemauer“ neben den Treppen zum WDR.

Den ganzen Beitrag lesen