Freitag, 27.07.2018 / 09:46 Uhr

Ceuta und Gaza

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Die beiden spanischen Enklaven Ceuta und Melilla in Marokko sind der einzige Ort, an dem die EU direkt an Afrika grenzt. Seit Jahren versuchen Flüchtlinge die dortigen Sperr- und Grenzanlagen irgendwie zu überwinden. Gestern taten es Hunderte zum ersten Mal unter Einsatz von Gewalt gegen Grenzschützer. Es kam zu Szenen wie aus einem Mad-Max Film. Mehrere spanische Polizisten wurden mit selbstgebauten Flammenwerfen verletzt und wer sich die Bilder anschaut, ahnt zu welchen Szenen es in Zukunft noch kommen kann, wohl wird.

Man wird die so genannte Flüchtlingskrise nicht lösen können, schon gar nicht an seiner Tastatur oder in Facebook-Kommentaren, was sie mit Menschen schon jetzt macht, zeigt sich dagegen jeden Tag.

Denn Tausende lagern vor den Grenzen dieser Anlagen, oft wochen- und monatelang und hoffen, irgendwie Einlass in die EU zu finden.

Hier wird die „Festung Europa“ im wahrsten Sinne des Worte belagert, so wie früher wohl germanische Stämme vor dem Limes lagerten und auf Einlass ins römische Reich hofften, weil Lebensbedingungen dort zu ungleich besser waren.

Heute machen sich bei sommerlichen Temperaturen und Morgenkaffee an ihrem Computer Leute so ihre Gedanken, wie man künftig einen Sturm auf die Grenzen dieser Enklaven verhindern könnte. Jemand schreibt, die Spanier sollten von den Israelis lernen und den Stacheldraht unter Strom setzen, das sei ein effektiver Schutz. Ein anderer schlägt vor, ein paar mit Schüssen zu verletzen, das schrecke andere ab. Es seien ja auch nicht bedauerliche Habenichtse, die da kämen, sondern Wirtschaftsflüchtlinge, die eh nur in die deutschen Sozialsysteme wollten.

Man wird die so genannte Flüchtlingskrise nicht lösen können, schon gar nicht an seiner Tastatur oder in Facebook-Kommentaren, was sie mit Menschen schon jetzt macht, zeigt sich dagegen jeden Tag. Die Eiseskälte mit der inzwischen ganz selbstverständlich über die Notwendigkeit verhandelt wird, wie man sich und seinen Wohlstand notfalls unter Inkaufnahme von Toten und Verletzten zu schützen hat, wird später mal, in Jahrzehnten, vielleicht Stoff sein für lange Essays über die Frage, wie es eigentlich passieren konnte.

Besonders zynisch und falsch ist inzwischen der Verweis auf Israel und seine Schutzmaßnahmen etwa an der Grenze zu Gaza. Die nämlich richten sich nicht in aller erster Linie gegen potentielle Migranten, sondern einen erklärten Feind, die Hamas, deren Ziel die Vernichtung des jüdischen Staates ist. Die Flüchtlinge vor den Stacheldrahtzäunen in Ceuta und Melilla dagegen wollen lediglich Teilhabe und ein besseres Leben in Europa haben. Nur scheint inzwischen dieser Unterschied in vielen Köpfen zu verschwimmen und so wird die israelische Armee plötzlich zum Vorposten der Verteidigung der Außengrenzen Europas.