Samstag, 22.09.2018 / 12:25 Uhr

Generation Gezi geht

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Die meisten derjenigen, die die Türkei  verlassen sind junge Menschen, viele von ihnen aus der so genannten „Generation Gezi“. Das zeigen jüngste Daten und Umfragen, die dem Nachrichtenportal Al-Monitor vorliegen. Fast 50% mehr Emigranten, die angaben, aus politischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Gründen das Land verlassen zu haben verzeichnete die türkische Statistikbehörde im vergangenen Jahr. Und wiederum die Hälfte von ihnen war jünger als dreißig und kam aus den großen Städten.

Many of those leaving Turkey belong to the young generation that became politicized during the mass anti-government protests in Turkey in the summer of 2013, which came to be known historically as the “Gezi resistance.” (...)The well-educated young professionals who took to the streets spontaneously in the early days of the protests came to be known as the “Gezi generation.”

Diejenigen, die 2013 gegen seine Regierung aufbegehrten, haben offenbar resigniert und sehen für sich im Land kaum noch eine Zukunft.

Sercan Celebi, a leading founder of Vote and Beyond — a Gezi-inspired civic initiative dedicated to election integrity — described a sense of despair among the Gezi generation. “Those who took to the streets with various motivations during the Gezi protests are now leaving the country because they are left with no other democratic channel to display their indignation. Since the street is no longer an alternative, abroad has become ‘the street,’” Celebi told Al-Monitor.

Aus der Sicht angeschlagener Autokraten, wie der türkische Präsident einer ist, die sich vor dem Unmut gerade der jüngeren Generation fürchten, dürften das keine schlechten Nachrichten sein. Schließlich haben diejenigen, die 2013 gegen seine Regierung aufbegehrten, offenbar resigniert und sehen für sich im Land kaum noch eine Zukunft. Langfristig natürlich wird dies desaströse Folgen haben, aber wer denkt oder plant in dieser Region schon langfristig? Und da dürfte sich die Attitüde der türkischen Regierung kaum von der anderer Länder unterscheiden: Ist es doch vor allem diese junge, weitgehend perspektivlose  Generation, die gegen verkrustete Strukturen, Despotismus und Vetternwirtschaft aufbegehrt. Außer Landes stellt sie keine unmittelbare Bedrohung mehr dar.

In Europa scheint man sich in den endlosen Debatten über Migration und Flucht nicht oder kaum bewusst zu sein, dass gerade diktatorische Regimes, oft solche mit denen man auch noch irgendwelche Abkommen schließt, wenig Interesse daran haben, dass diese Menschen nicht aus ihren Ländern fliehen oder migrieren.