Mittwoch, 09.03.2022 / 14:07 Uhr

#HelpResponsible: Ein paar Tipps, wem man und wem man nicht spenden sollte

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Bild: Thomas v. der Osten-Sacken

Worauf man beim Spenden achten sollte:

A) Niemals einfach ungeprüft auf bezahlte Anzeigen spenden. Auf die Homepage der Organisation gehen. Dann schauen: Haben die vernünftige Finanz- und Projektberichte? Gibt es Ansprechpartner und eine Möglichkeit, sich anonym wegen Missbrauch zu melden?
Bei Finanzberichten genau prüfen, ob sie Ausgaben verschleiern und wie hoch Verwaltungs-, Werbe- und andere Kosten sind. 
Gute Arbeit kostet Geld, bei vielen NGOs herrscht allerdings die pure Verschwendung. Wichtig zu wissen: Autos, Büros etc. vor Ort werden in der Regel als Projektkosten abgerechnet.
Umgekehrt Vorsicht vor Erklärungen, man tue alles ehrenamtlich. Das geht für ein paar Tage, aber wer gute Arbeit leistet, sollte dafür auch bezahlt werden.
Bei Projektberichten: Die sollten nicht einfach nur schön klingen, sondern Zahlen und Fakten enthalten und erklären, ob und wie Ziele erreicht wurden. Je mehr Hochglanz, desto vorsichtiger sollte man sein.


B) Die Sprache. Man berichtet nicht über Elend in dieser ekligen Werbesprache. Was für Bilder sind auf der Homepage? Diese unkritischen Jubelberichte sind IMMER falsch, und Organisationen, auf deren Bildern immer jemand mit deren Weste rumsteht, sind ebenfalls mit Vorsicht zu genießen.
Nein zu einer Sprache, die sich moralischer Epressung bedient, wie: "Du kannst dieses Kind retten", "Diese Frauen brauchen Dich". 
Auch wenn es weniger Geld bringt: Organisationen sollten argumentieren und nicht billig an Emotionen appellieren. Und erklären können, was genau sie tun und warum es sie braucht, dies zu tun.
Oft machen zehn Hilfswerke dasselbe - was neben Chaos enorm hohe Nebenkosten bringt. 

C) Googelt die Organisation mit Worten wie sex, scandal, corruption und seht, was für Ergebnisse kommen.

D) Arbeitet die Organisation mit anderen und hat langjährige Partner? Gibt es Orte, and denen sie seit langer Zeit tätig ist oder springt sie von Krise zu Krise?

E) Vorsicht bei Organisationen, die nach Freiwilligen (Volunteers) rufen. Das ist inzwischen ein Geschäftsmodell, und keine seriöse Organisation schickt Volunteers einfach mal so ohne sorgfältige Auswahl und Training irgendwo hin.

F) Vorsicht bei diesen Macher-Typen. Gute Organisationen haben interne Aufgabenteilung und nicht Alphatiere an der Spitze.

G) Helfer sollten professionell sein. Wenn Nachbarn plötzlich in Krisengebiete aufbrechen, um den armen Kindern zu helfen, bitte fragen, was sie dafür qualifiziert, statt für Spenden für sie aufzurufen, weil man sie ja kennt und ihnen vertrauen kann. In der Regel nämlich qualifiziert sie nichts. Auch braucht es psychologische Widerstandsfähigkeit. Wie oft haben wir erlebt, dass solche Helferinnen oder Helfer angesichts des Elends zusammenbrechen und dann selbst Hilfe brauchen.

H) Hände weg von Organisationen, in denen ständig die Helferinnen und Helfer und ihre Gefühle im Vordergrund stehen. Wer angesichts von Elend in Tränen ausbricht, ist völlig ungeeignet. Das Hilfsbusiness zieht maligne Narzisten magisch an. Auch Mini-Diktatoren und andere unangenehme Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, die genau wissen, wie man sich richtig inszeniert.
Wer über seine Gefühle und Probleme reden mag, tue dies bitte beim Therapeuten, nicht in der Mitte einer humanitären Krise.

I) Vorsicht vor den "Größer-Schneller-Weiter"-Organisationen. Hilfe ist kein Wettbewerb, und es zählt nicht, wie vielen geholfen wird, sondern wie gut es ist, was man tut. Weniger ist oft mehr.

J) Es ist für Betroffene, die zum Beispiel missbraucht wurden, extrem schwierig, Hilfsorganisationen zur Rechenschaft zu ziehen. Das ist bei kleinen Organisationen mit de facto inexistenten legalen Strukturen noch schwieriger als bei den großen Hilfswerken.

K) Dass jemand schon Erfahrung als Helfer/in hat, heisst nicht, dass die Person auch was von ihrem Job versteht. Leider ist oft das Gegenteil der Fall und eine Art Söldnertruppe aus NGO-Typen geistert von Krise zu Krise, um jedes Mal dieselben Fehler zu wiederholen.

L) Verfolgt, was mit Eurer Spende passiert ist: Tat die Organisation, was sie ankündigte oder versprach? Wenn nicht, fragt nach, zeigt Interesse, und falls Euch etwas komisch vorkommt, berichtet darüber. Das ist nicht etwa unsolidarisch, sondern gerade Ausdruck von Solidarität und Zeichen, dass Euch das Schicksal der Betroffenen nicht egal ist.

M) NGOs sollten, wo immer möglich, keine staatlichen Aufgaben übernehmen und vor allem nie so tun, als könnten sie es besser.

N) Zum Schluss kurz etwas zum DZI Spendensiegel:
Das DZI präsentiert sich als eine Art "TÜV" für Hilfsorganisationen. Es wird der Eindruck vermittelt, dass Träger dieses Siegels auf Herz und Nieren geprüft wurden. Doch das ist so nicht der Fall. Geprüft wurden lediglich einige Zahlen und die Außendarstellung. Das Spendensiegel sagt nichts über Führung, Arbeitsweise oder Effektivität der Arbeit einer Organisation aus.
Zentrales Prüfkriterium ist der Anteil der Werbe- und Verwaltungsausgaben an den jährlichen Gesamtausgaben, der höchstens
30 Prozent betragen darf. Viel aufschlussreicher wäre es jedoch, das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben in den Blick zu nehmen, um so zu ermitteln, wieviel Prozent der Spenden tatsächlich in den Projekten ankommen. Das findet nicht statt.
Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) ist eine durch Steuergelder geförderte Stiftung, die aber nicht gemeinnützig arbeitet. Die Vergabe des DZI Spendensiegels erfolgt gewinnorientiert, wobei die Gebühren für das Tragen des Siegels nicht unerheblich sind; sie liegen einmalig  bei mindestens 1500 Euro und dann jedes Jahr erneut bei bis zu 14.000 Euro. Diese Gebühren werden mit Spendengeldern beglichen - Gelder, die somit nicht bestimmungsgemäß verausgabt werden und in den Projekten fehlen. Viele Organisationen entscheiden sich daher aus guten Gründen dafür, auf dieses Siegel zu verzichten.