Sonntag, 10.09.2023 / 10:40 Uhr

'Das Ende ist nah'

Für den Standard rezensiert Thomas Wallerberger den Erstlingsroman "Das Ende ist nah" von Amir Gudarzi:

Gudarzi zeichnet die iranische Gesellschaft, in der A. bis zu seinem 23. Lebensjahr lebt, liebt, schreibt und kämpft als gewalttätig, opportunistisch, bigott und nur auf Gesichtswahrung ("aberu") bedacht, als außerdem jede Sexualität unterdrückend, während Vergewaltigungen an der Tagesordnung sind und zur brutalen Unterwerfung dienen. Auch A. wird Opfer dieses Gewaltreigens, wird verhaftet, gefoltert und "gebrochen", wie es in einer an sich haltenden, um Kontrolle und Objektivität bemühten Aufzählung einmal wie beiläufig heißt. Inkriminierendes Filmmaterial, oppositionelle Texte und die Teilnahme an Demonstrationen zwingen A. letztlich zur Flucht und zum Abschiednehmen. Mit im Gepäck: das Trauma. (...)

Das Ende ist nah romantisiert Flucht und Exil nie und ist auch deshalb ein wichtiges Buch. Es behandelt Rassismus und Gewalt unter Asylwerbenden ebenso wie Islamismus, Sexismus und Prostitution, enttarnt den Antiimperialismus mancher Linker als mit der Ideologie des Mullah-Regimes verwandt und erzählt, wie ein kommunistischer Pizzabäcker seine Angestellten ausbeutet.