Freitag, 16.08.2024 / 10:41 Uhr

Sudan: Eine der schlimmsten humanitären Katastrophen seit Menschengedenken

Sudanesinnen auf der Flucht: Bildquelle: Rawpixel

Der Bürgerkrieg im Sudan stürzt das Land laut einer UN-Agentur in eine der schlimmsten humanitären Katastrophen seit Menschengedenken.

Seit dem Ausbruch der Kämpfe zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und den Schnellen Eingreiftruppen (RSF) im April letzten Jahres wurden mehr als acht Millionen Menschen vertrieben, wodurch das Land in »eine der schlimmsten humanitären Katastrophen seit Menschengedenken« gestürzt wurde, wie die UNO mitteilte. 

»Ohne eine sofortige, massive und koordinierte globale Reaktion riskieren wir, in den kommenden Monaten Zehntausende von vermeidbaren Todesfällen zu erleben«, befürchtet Othman Belbeisi, Direktor für den Nahen Osten und Afrika der Internationalen Organisation für Migration (IOM), in einer Erklärung. »Wir stehen an einer Bruchpunkt, einem katastrophalen, kataklysmischen Bruchpunkt«, betonte er.

Gras und Erdnussschalen

Mindestens die Hälfte der Vertriebenen sind Kinder in einem Krieg, der von »entsetzlichen Rechtsverletzungen, ethnischen Angriffen, Massakern an der Zivilbevölkerung und geschlechtsspezifischer Gewalt« geprägt ist, heißt es in der Erklärung der UN-Organisation. 

Anfang dieses Monats berichtete der von den Vereinten Nationen unterstützte Famine Review Committee (deutsch: Ausschuss zur Überprüfung von Hungersnot), dass in mindestens einem Flüchtlingslager in der sudanesischen Region Darfur eine Hungersnot herrsche. Die Organisation hat erst zweimal in der Geschichte des Sudans eine Hungersnot ausgerufen. Bereits im Mai erklärte das Welternährungsprogramm (WFP), die Menschen in dieser Region seien gezwungen, Gras und Erdnussschalen zu essen, um zu überleben.

»In den nächsten drei Monaten werden schätzungsweise 25,6 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sein, da sich der Konflikt ausweitet und die Bewältigungsmechanismen erschöpft sind«, heißt es weiter. »Viele andere Orte« seien ebenfalls von einer Hungersnot bedroht.

Die IOM benötige zusätzliche Mittel, um den Bedürftigen helfen zu können. Verschärfend kommt hinzu, dass bewaffnete Kräfte auch dringend benötigte Hilfslieferungen blockieren. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) teilte außerdem mit, dass eine wichtige Brücke, die von den Helfern benutzt wurde, um die Region Darfur zu erreichen, letzte Woche nach schweren Überschwemmungen zusammengebrochen ist. »Dies war die einzige sichere Route für humanitäre Hilfe, um Zentral- und (Süd-)Darfur zu erreichen«, so MSF am Montag. »Das stellt ein weiteres großes Hindernis für unsere Bemühungen dar, lebensrettende Hilfe in den Sudan zu liefern.«

Scheiternde Waffenstillstandsgespräche?

Die Warnung der UNO erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem eine neue Runde von Waffenstillstandsgesprächen unter der Leitung der USA und Saudi-Arabiens in der Schweiz beginnen sollte. Die RSF, die aus den Dschandschawid-Milizen hervorgegangen ist, die in den frühen 2000er Jahren den Völkermord in Darfur anführte, hat sich bereit erklärt, an den Gesprächen teilzunehmen, während das sudanesische Militär nach anfänglichen Andeutungen einer Teilnahme letztlich doch nicht zusagte. 

Eine sudanesische Regierungsdelegation traf sich am Wochenende mit US-Vertretern in der saudischen Küstenstadt Dschidda, um das Militär zur Teilnahme am Mittwoch zu bewegen, doch laut der amerikanischen Nachrichtenagentur AP wurde kein Durchbruch erzielt. »Wir hatten ausführliche Gespräche mit der SAF«, sagte der US-Sondergesandte für den Sudan, Tom Perriello, am Montag gegenüber Journalisten, »doch sie haben uns noch keine Zusage gegeben, die heute notwendig wäre, um voranzukommen. Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die SAF an den Gesprächen teilnehmen wird.«

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch