Mittwoch, 10.01.2018 / 20:16 Uhr

"Iranische Republik, Freiheit, Gleichheit"

Die Veranstalter der Kundgebung "Gegen die Kollaboration mit den Mullahs!", die vor dem Auswärtigen Amt in Berlin stattfand,  baten mich um ein Grußwort:

Ein letztes Update aus dem Iran: Die Zahl der in Gefängnissen zu Tode gefolterten, deren Verbrechen es in Augen des Regime war, auf die Straße gegangen zu sein, ist inzwischen auf fünf gestiegen ist. Wie viele hunderte oder tausende in den letzten zehn Tagen festgenommen wurden, ist unbekannt, laut einem iranischen Parliamentarier sollen über 3700 Verhaftungen statt gefunden haben. Die meisten von ihnen, das wissen wir, sind unter 25 Jahre alt. Denn es sind vor allem Jugendliche oder junge Erwachsene, die dieser Tage gegen das Regime demonstrieren, Menschen, die lange nach 1979 geboren wurden und in ihrem Leben nichts anderes kennen gelernt haben, als die Realität der „Islamischen Republik“, jener von Ayatollah Khomenei geschaffenen Klerikalautokratie, in der angeblich Gott regiert und Allahs Gesetze gelten.

Wer für Republikanismus, Freiheit und Gleichheit im Nahen Osten auf die Straße geht, kurzum fordert, endlich vom Untertan zum Bürger zu werden, stellt zugleich auch die ganze Verfasstheit von Herrschaftssystemen in Frage, die auf Unfreiheit und Ungleichheit basieren und beides in der Regel auch noch religiös legitimieren.

Längst, und das unterscheidet die jüngsten Proteste so grundsätzlich von denen im Jahre 2009, geht es den Demonstranten aber nicht mehr um eine Reform dieses Systems, der Protest zielt, das machen alle Slogans, die gerufen werden deutlich, auf ihr Ende oder, anders ausgedrückt. auf Regime Change. „Iranische Republik, Freiheit, Gleichheit“ etwa riefen sie auf einer Demonstration jüngst in Teheran und stellten damit grundsätzlich in Frage, was die Islamische Republik ausmacht: Sie ist nämlich eigentlich keine Republik, denn laut Verfassung ist Gott ihr Souverän und seit 1979 ist in ihr Ungleichheit, vor allem die zwischen den Geschlechtern gesetzlich festgeschrieben und Freiheit, gar die Freiheit der Rede gibt es dort schon gar nicht. Ganz ähnlich wie vor sieben Jahren in vielen arabischen Ländern müssten einem in Europa solche Forderungen auch eigentlich recht bekannt vorkommen, erinnern sie doch stark an jene aus dem Jahr 1848 in Paris oder Frankfurt.Es geht im Iran um nichts weniger als diese Freiheit, auch wenn sich der Unmut ebenso gegen die katastrophalen ökonomischen Bedingungen richtet und ein Establishment, das in Nepotismus und Korruption versinkt. Die Forderungen nach Freiheit, Gleichheit und einer wirklichen Republik mögen heute altmodisch oder verstaubt klingen, sie sind es keineswegs und wenn ganz unerwartet im Iran Demonstranten in über 90 Städten sie auf die Tagesordnung setzten, so ist es das mindeste ihnen von hier aus unsere volle Solidarität zu erklären.

Sie demonstrieren nämlich nicht nur GEGEN etwas, in diesem Falle das islamistische, repressive zutiefst antisemitische Regime in Teheran, dessen erklärtes Ziel der Export der islamischen Revolution ist, dass in den letzten Jahren geholfen hat, in Syrien hunderttausende von Menschen umzubringen und dass aus seinem Ziel, den Staat Israel auszulöschen nie ein Hehl gemacht hat. Zwar reicht es unbedingt aus GEGEN dieses Regime und seine Ziele zu sein, wer aber für Republikanismus, Freiheit und Gleichheit im Nahen Osten auf die Straße geht, kurzum fordert, endlich vom Untertan zum Bürger zu werden, stellt zugleich auch die ganze Verfasstheit von Herrschaftssystemen in Frage, die auf Unfreiheit und Ungleichheit basieren und beides in der Regel auch noch religiös legitimieren.

Ihnen also gilt unsere Solidarität an diesem Ort hier in Berlin, ganz besonders weil sie sich keiner Unterstützung dieser Bundesregierung erfreuen können oder werden. Ganz im Gegenteil sendet der deutsche Außenminister recht klare Signale nach Teheran, dass ihm der Erhalt des Regimes aus vielerlei Gründen doch sehr am Herzen liegt. Die Mullahs in Teheran, aus deren Gefängnissen einmal mehr die Schmerzensschreie der Gefolterten dröhnen, sind nämlich präferierte Handels- und Dialogpartner noch jeder Bundesregierung gewesen, Martin Schulz von der SPD entblödete sich nicht vor einigen Jahren seine Gesprächspartner in Teheran als „Anker der Stabilität und des Friedens“ zu lobpreisen.

Nein, Unterstützung im Kampf um Freiheit und Gleichheit wird aus diesem Auswärtigen Amt nicht kommen, ebenso wenig wie man hier die Sorgen Israels ernst zu nehmen scheint, dessen Vernichtung der oberste Revolutionsführer im Iran ständig androht. Auch harsche Kritik am Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten wird man kaum hören, ebenso wenige Forderungen nach Sanktionen oder anderen Maßnahmen gegen die Regierung in Teheran.

Trotzdem gilt es genau diese zu fordern. Es ist endlich an der Zeit, zu verstehen, dass das Regime im Iran nicht reformierbar ist, es nicht um einen vermeintlichen Konflikt zwischen Hardlinern und Reformern geht, sondern das ganze System „Islamische Republik“ gestürzt werden müsste, damit nicht nur im Iran selbst, sondern in der ganzen Region überhaupt von so etwas wie Stabilität und Frieden die Rede sein kann.

Wir können nicht abschätzen, ob es dem Regime gelingen wird, diese Proteste gewaltsam zu ersticken und erneut Friedhofsruhe herzustellen, auch weil Europa einmal mehr so deutlich macht, auf wessen Seite es steht, wir können auch nicht viel wirklich viel tun, um diese Proteste tatkräftig zu unterstützen, außer hier und dort ein wenig zu demonstrieren.

In diesem Sinne wünsche ich Euch und Ihnen heute viel Erfolg.