50 Jahre WTO

Globalize or die

John Maynard Keynes ist schuld: Die Überlegungen zur Gründung einer Welthandelsorganisation gehen zurück auf den britischen Ökonomen. Unter seiner Federführung wurde Anfang der vierziger Jahre das Konzept der Institutionen von Bretton-Woods ausgearbeitet. Die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IWF), die Internationale Handelsorganisation ITO sowie die Vereinten Nationen (UNO), deren Gründung bereits in Planung war, sollten demnach die Pfeiler des Weltwirtschaftssystems bilden.

Mit dem "Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen" (Gatt) - Vorläufer der Welthandelsorganisation WTO - trat dann zum 1. Januar 1948 das erste internationale Handelsabkommen in Kraft und wurde danach fleißig ausgebaut: In der Kennedy-Runde (1964-1967) wurde erstmals über Anti-Dumping-Maßnahmen verhandelt, und mit der Tokio-Runde (1973-1979) der Tätigkeitsbereich des Gatt auf den Abbau von Handelshemmnissen erweitert. Aus der 1986 begonnenen Uruguay-Runde, die 1994 in Marrakesch / Marokko abgeschlossen wurde, resultierte das bis dato umfassendste Bündel von Handelsabkommen: Das provisorische Gatt wurde in die WTO-Institution umgewandelt, deren Position mit entsprechenden rechtlichen Vollmachten bei der Regelung von Handelskonflikten zwischen den Unterzeichnerstaaten umfassend gestärkt. Sie setzt nunmehr Grundregeln für den Handel mit Waren, Dienstleistungen und im Bereich des geistigen Eigentums.

Von den ursprünglichen Bretton-Woods-Instutionen sind ITO und die UNO handelspolitisch mittlerweile bedeutungslos. Statt dessen bestimmen IWF, Weltbank und WTO das Geschehen. Bei ihnen ist im Gegensatz zur Uno, wo jedes Land eine Stimme hat, die Vertretung abhängig von der wirtschaftlichen Stärke.

Der WTO geht es vor allem um "Liberalisierung": 1997 war sie diesbezüglich im Bereich der Telekommunikationsmärkte erfolgreich. Ein Abkommen zur Öffnung der Finanzmärkte und des Bankenwesens soll noch 1999 in Kraft treten, ebenso die Vereinbarung zur Abschaffung aller Zölle für Telekommunikationsprodukte. Zur Zeit wird über ein Dienstleistungsabkommen verhandelt, das bis 2000 unterschriftsreif sein soll.

Natürlich setzen sich dabei vor allem die Interessen der Industrieländer durch. Zuletzt zeigten dies die WTO-Vereinbarungen zur Liberalisierung der Märkte für Telekommunikation und Informationstechnologie. In den Augen westlicher Handelsdiplomaten sind diese Abkommen schon heute mehr wert als der Abschluß des Welthandelsvertrages 1993. Damals ging es vor allem um Zollreduzierungen für Produkte, die für die Industrieländer keine echte Perspektive mehr bieten, wie beispielsweise Agrarprodukte, Produkte der Schwerindustrie oder einfache Konsumgüter.

Diese Woche wollen die europäischen Handels- und Wirtschaftsminister in Genf eine neue Runde zur Liberalisierung des Welthandels einläuten. Nach Willen der Europäer sollen sich die 132 Mitgliedsstaaten ab Ende nächsten Jahres in der sogenannten Millenniums-Runde formell über den Abbau von Zöllen und Handelsschranken bei Agrarprodukten und Dienstleistungen, über eine internationale Wettbewerbsordnung und ein Regelwerk für Investitionen im Ausland verhandelt werden. Zu Globalisierung und Wettbewerb gebe es laut WTO-Generaldirektor Renato Ruggiero keine Alternative, daher müßten sich gerade die armen Staaten an Konkurrenzfähigkeit orientieren.