Eine Bundespolizei für Deutschland

Neue Grenzen braucht das Land

Ständig verändern sich in Deutschland die Gefährdungslagen. Riskierte man bis vor kurzer Zeit noch, von Terroristen gesprengt oder von Extremisten per Revolution beseitigt zu werden, so droht heute vor allem eine Gefahr: Oppositionelle Kräfte trachten dem Bundeskanzler zwar nicht nach dem Leben, aber immerhin nach dem Amt. Horden von Linksfaschisten stehen bereit, um schon bald im Bundestag handstreichartig die absolute Mehrheit zu ergreifen.

Bundeskanzler, Bundestag - da kann nur eine Bundespolizei helfen. Das Problem: Trotz der eindeutigen Staatsbezeichnung gab es so etwas bis vor nicht allzu langer Zeit in der Bundesrepublik nicht. Es gab zwar das Bundeskriminalamt; das war aber nur für die Schwerkriminalität zuständig. Außerdem gab es noch die Bahnpolizei, aber deren Job war es, die Personalien von Betrunkenen aufzunehmen, die ihren Zielbahnhof verschlafen hatten: Nicht unbedingt das, was man sich unter einer Bundespolizei vorstellt.

Und es gab den Bundesgrenzschutz, aber wie der Name schon sagt: Der war für die Bewachung der Grenze zuständig, hatte also im Land nichts verloren. Oder höchstens an Flughäfen, aber die sind ja auch irgendwie Grenze, im Land eben. Das brachte einige auf interessante Gedanken: Gab es im Lande nicht eine ganze Menge Grenzen? Grenzen zwischen unten und oben, zwischen Freunden und Feinden der Atomkraft? Also setzte man den Bundesgrenzschutz bei Demonstrationen ein, um die Grenzen im Lande zu bewachen. Der Bundespolizei war man damit schon einen Schritt näher gekommen.

Bald suchte man nach neuen Grenzen im Lande. "Sind", fragte ein besonders findiger Politiker, "Bahnhöfe nicht auch irgendwie Flughäfen, nur tiefergelegt?" Also durfte der Grenzschutz von da an auch die Eisenbahnstationen bewachen. Die Bahnpolizei wurde ihm gleich einverleibt. Wenn schon Bundespolizei, dann aber auch nur eine.

Dann kamen lange Jahre, in denen sich keine neue Grenze mehr auftun wollte in Deutschland, und hätten nicht die Kurden und die Albaner beschlossen, geschlossen nach Deutschland einzuwandern, um hier ihren Lebensabend beim Hütchenspiel zu verbringen, dann wäre sogar die Opposition auf die Idee gekommen, den Grenzschutz abzubauen, wie es gleichzeitig angeblich in ganz Europa mit den Grenzkontrollen passierte.

Doch dann kam einem, Erwin war sein Name, Marschewski ließ er sich rufen, und für die Christenunion arbeitete er als Innenpolitiksprecher, die rettende Idee: "Ist nicht", frug Marschewski, "ganz Deutschland eine Grenze, irgendwie?"

Und sein Minister Kanther lobte Marschewskis Ideenreichtum: "Kreativ, innovativ und zukunftsgerichtet" müßten jetzt "taktische und rechtliche Einsatzkonzepte fortgeschrieben werden", sagte Kanther den Führern des Grenzschutzes. Kreativ sollen Grenzschützer künftig auch auf allen Bahnanlagen Personenkontrollen vornehmen dürfen - egal, ob ein Verdacht vorliegt -, innovativ sollen sie dasselbe auch in allen fahrenden Zügen tun dürfen, zukunftsgerichtet sollen sie in ganz Deutschland Kofferräume von Autos und Lkw-Ladungen kontrollieren dürfen. "Zum Zweck der Verhütung grenzbezogener Straftaten", selbstverständlich. Aber, wie wir mittlerweile gelernt haben, Grenze ist ja irgendwie überall. "Die Veränderung der Gefährdungslagen", weiß Erwin Marschewski, "verlangt dies."