Möllemanns Erbe

Die Ermittlungen zu den Schwarzgeldkonten des verstorbenen Jürgen W. Möllemann und der Spendenaffäre der nordrhein-westfälischen FDP kommen kaum voran. von jan süselbeck

Diese Website wird momentan komplett überarbeitet. Bitte besuchen Sie uns zu einem späteren Zeitpunkt. Vielen Dank für Ihr Verständnis.« Das ist auch schon alles, was derzeit unter www.juergenwmoellemann.de zu erfahren ist.

Fast könnte man die verwaiste Internetseite zu Ehren des verstorbenen FDP-Politikers als Kommentar zum öffentlichen Informationsstand über die Ermittlungen lesen, die derzeit wegen seiner illegalen Methoden der Parteifinanzierung angestrengt werden. Ist doch das Durcheinander der Spekulationen über Kontenbewegungen und Geldwäschereien kaum noch zu überbieten.

»Welches Geheimnis nimmt Möllemann mit ins Grab?« fragte die Bild-Zeitung im Juni 2002, als Möllemann nach einem Fallschirmsprung aus 4 000 Metern Höhe in Marl ums Leben gekommen war. Zuvor hatte der Bundestag Möllemanns Immunität aufgehoben, um Ermittlungen gegen ihn zu ermöglichen. Nach seinem Tod wurden sie jedoch eingestellt, gegen Verstorbene wird nicht ermittelt.

Allerdings interessieren sich die Düsseldorfer Justizbehörden nach wie vor für die Spendenaffäre der nordrhein-westfälischen FDP. So gab ein Vertrauter Möllemanns, der frühere Landesgeschäftsführer der Partei, Hans-Joachim Kuhl, Anfang Dezember vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu, zwischen 1996 und dem Jahr 2000 insgesamt 1,33 Millionen Mark von Möllemann erhalten und in die Parteikasse geschleust zu haben. Mehrere der in Möllemanns Spenderverzeichnissen im Zusammenhang mit diesen Zahlungen aufgeführten Adressen existierten jedoch überhaupt nicht. Laut Kuhl sollen sich mehr als 40 Personen daran beteiligt haben, die Gelder Möllemanns auf Konten der FDP zu transferieren. Die Einzeltäterthese, nach der allein Möllemann ohne Wissen der Partei kriminell gehandelt habe, dürfte kaum haltbar sein.

Unklar ist auch die Herkunft von rund einer Million Euro, mit der Möllemann im Jahr 2002 das antisemitische Flugblatt finanzierte, in dem der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon und der Fernsehmoderator Michel Friedman kurz vor der Bundestagswahl denunziert wurden. Nach der Empörung über Möllemanns Wahlkampfmethoden ließ die damals angeblich ahnungslose Führung der FDP die Bücher ihres größten Landesverbandes nach zweifelhaften Spenden durchforsten.

Bei diesen Finanzprüfungen stellte sich bald heraus, was Kuhl vor Gericht bestätigte, dass nämlich von den im Jahr 2000 in den Parteikassen eingegangenen Geldern rund 931 000 Mark keinem bestimmten Spender zugeordnet werden konnten. Gleiches galt für einen Betrag von 199 000 Mark, der im Jahr 1999 eingezahlt wurde.

Doch woher stammten diese Summen? Möllemann selbst verstrickte sich noch kurz vor seinem Tod in Widersprüche. Zunächst gab er an, »Freunde und Sympathisanten« hätten das umstrittene Flugblatt finanziert. Als diese Behauptung widerlegt war, wollte er auf Privatvermögen zurückgegriffen haben. Offenbar hält man es inzwischen auch in der Partei für ausgemacht bzw. für eine elegante Lösung, dass Möllemann selbst der Spender jener Summe gewesen sein soll, mit der das antisemitische Flugblatt bezahlt wurde, denn ausgerechnet am 24. Dezember vergangenen Jahres schickte die FDP der Witwe Möllemanns eine Spendenquittung über 980 000 Euro.

Der stern berichtete im vergangenen Dezember, in den Jahren 1993 bis 2001 hätten sich auf Möllemanns Luxemburger Konten mehr als elf Millionen Mark befunden. Möllemann verbuchte demnach zwischen März 1993 und März 1994 sieben Millionen Mark Zufluss. Vier Millionen Mark hatte er offenbar selbst in bar eingezahlt. Das Geld sei über Briefkastenfirmen in Panama und Liechtenstein geschleust worden. Immer wieder wird vermutet, dass Möllemanns Gelder mit einem Panzerexport nach Saudi-Arabien in Verbindung stehen könnten, der noch unter der Regierung Helmut Kohls Anfang der neunziger Jahre erfolgte, als Möllemann Bundeswirtschaftsminister war.

Der stern berichtete weiter, die Staatsanwaltschaft Düsseldorf sei bei ihren Ermittlungen gegen Verantwortliche des FDP-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen wegen des Verdachts illegaler Parteifinanzierung auf die Züricher Treuhandfirma Intermedia Service AG gestoßen. 400 000 Mark sollen über diese Briefkastenfirma im Landtagswahlkampf 2000 an die Liberalen geflossen sein. Das Schwarzgeld sei nach Erkenntnissen der Ermittler von Intermedia nach einer Scheinrechnung an den FDP-Mann und PR-Unternehmer Klaus Golombek aus Meerbusch überwiesen und so gewaschen worden. Golombek soll mit den 400 000 Mark eine Anzeigenkampagne der FDP finanziert haben.

Auch der ehemalige Bundesgeschäftsführer der FDP, Fritz Goergen, bekam inzwischen Besuch von der Staatsanwaltschaft. Er arbeitete als Strategieberater im Bundestagswahlkampf 2002 für Guido Westerwelle, den Vorsitzenden der FDP, und im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf 2000 für Jürgen Möllemann. Goergen steht im Verdacht, 1,3 Millionen Euro von Möllemanns Schwarzgeldkonten in Luxemburg abgehoben und nach Deutschland geschafft zu haben. Für seine Parteiarbeit soll er von Möllemanns dubioser Firma WebTec entlohnt worden sein. Auch Goergens Beziehungen zur Friedrich-Naumann-Stiftung, die der FDP nahe steht, seien möglicherweise mit der illegalen Parteienfinanzierung in Verbindung zu bringen.

Der Pressereferent der Düsseldorfer Staatanwaltschaft, Andreas Stüve, sagte der Jungle World hingegen, er frage sich schon länger, »was der stern da so schreibt und woher er seine Informationen überhaupt hat«. Die Presse fabuliere rund um den »wahren Tatsachenkern« gerne alles Mögliche. Zwar sei Goergen einmal bei der Naumann-Stiftung angestellt gewesen, »doch an weiteren Spekulationen beteiligen wir uns nicht«.

Gegenstand der derzeitigen Ermittlungen sei ohnehin nur die Frage, ob der FDP-Landesverband seine Spenden in der Zeit von 1996 bis Ende 2002 rechtmäßig abgerechnet habe. Was davor geschehen sei, habe die Staatsanwaltschaft in der Sache überhaupt nicht zu interessieren. Auch sei es nicht mehr relevant, ob Möllemann persönlich Geld erhalten habe, denn er sei schließlich längst tot.

In Düsseldorf wartet man immer noch auf die Akten über die im vorigen Juni durchsuchte Liechtensteiner Firma Curl AG, die nach wie vor von den Behörden Liechtensteins zurückgehalten würden. Nach Informationen der Berliner Zeitung soll Möllemann zwischen 1997 und dem Jahr 2000 von seinem Luxemburger Konto acht Millionen Mark an die Curl AG überwiesen haben.

Stüve kann jedoch weder erklären, warum der Liechtensteiner Staatsgerichtshof die Dokumente so lange unter Verschluss halte, noch um was für eine dubiose Firma es sich bei der Curl AG überhaupt handelte: »Wenn wir das mal wüssten!«

Der zuständige Staatsanwalt in Vaduz, Dietmar Baur, wollte über die durchsuchte Gesellschaft ebenfalls keinerlei Auskünfte geben. Die Curl AG habe gegen die Durchsuchung Beschwerde erhoben. Ob dem Rechtshilfeersuchen der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft schließlich stattgegeben werde und die Dokumente überstellt würden, habe die letzte rechtliche Instanz, der Liechtensteiner Staatsgerichtshof, zu entscheiden. »Das müsste innerhalb der nächsten Wochen oder Monate geschehen«, sagte Baur.