Die dubiosen Geschäfte des Waffenproduzenten Gaston Glock

Kein kleines Kaliber

Das Attentat von Tucson, bei dem Jared Lee Loughner eine seiner Pistolen benutzte, brachte ihn ins Gespräch: Der Österreicher Gaston Glock ist einer der weltweit führenden Waffenproduzenten. Seine Geschäftsmethoden gelten als dubios, nun taucht sein Name bei den Ermittlungen um die Hypo Group Alpe Adria auf.
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Gaston Glock gilt als schweigsamer Mann. Der Ingenieur hat bereits früh die Härten des Lebens kennengelernt, als Jugendlicher wurde er gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in den Volkssturm einberufen. Dort musste er die Handhabung von Gewehren und Panzerfäusten lernen. Später sagte er einmal, dass in dieser Zeit Waffen ihn zu faszinieren begannen. 1963 gründete er im österreichischen Deutsch-Wagram eine Firma, die sich auf den Bau und den Vertrieb von Handfeuerwaffen spezialisierte.
Mit dem Modell M17 – auch bekannt unter dem Namen P80 – begann seine Erfolgsgeschichte. Dieses Modell, eine leichte Handfeuerwaffe, wurde speziell für das österreichische Bundesheer ent­wickelt und besteht zu etwa 40 Prozent aus Kunststoff. Darüber hinaus verfügt es über einen Kompensator, der dafür sorgt, dass die Kugeln auch bei einer schnellen Schussfolge zielsicher ihren Weg finden. Die Glock GmbH ist derzeit das einzige Unternehmen, das Pistolen anfertigt, die sogar unter Wasser schießen können. Verwendet werden sie von niederländischen Kampftauchern, zur Abwehr von Haien. Die Produkte der Waffenfirma Glock werden in mehr als 100 Staaten vertrieben, bei den Handfeuerwaffen gehört Glock zu den Marktführern.
Der Hauptabsatzmarkt für Glock-Pistolen sind die USA, die laxen Waffengesetze fördern die ste­tige Nachfrage. Genaue Zahlen über den Absatz von Handfeuerwaffen in den USA liegen nicht vor. Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass sich derzeit etwa zwei Millionen Glock-Pistolen in privatem Besitz befinden. Beliebt ist die Waffe bei Massenmördern und Gangmitgliedern wegen ihres großen Magazins. Die besten Modelle ermöglichen es, 33 Schüsse abzugeben, ohne das Magazin wechseln zu müssen. Das schätzen offenbar auch andere private Kunden, die befürchten, dass 33 Einbrecher in ihr Haus eindringen könnten. Die US-amerikanischen Streitkräfte, die Polizei, die Drogenfahndung und die CIA ­gehören ebenfalls zur Kundschaft.
Gaston Glock hat der Verkauf seiner Waffen zu einem der 100 reichsten Österreichern gemacht. Sein privates Vermögen wird auf 500 bis 600 Millionen Euro geschätzt. Bis heute ist unklar, wie sein Firmenimperium aufgebaut ist. Man weiß lediglich, dass Glock eine ganze Reihe von Unternehmen auf der ganzen Welt besitzt, die jedoch in keiner direkten Abhängigkeit vom Mutterkonzern stehen. Auch über seine Verbindungen zur politischen Führung zahlreicher Staaten sind kaum Details bekannt.

Das Vertriebsmodell, mit dem Glock den amerikanischen Markt eroberte, ist so simpel wie genial. Gleich einem Gebrauchtwagenhändler bot er verschiedenen Staatspolizeien einen einfachen Deal an. Er nahm alte Polizeiwaffen in Zahlung und konnte so die Verwalter stets leerer Staatskassen mit einem beachtlichen Preisnachlass beglücken. Die ausgedienten Polizeiwaffen verkaufte er auf dem riesigen Gebrauchtwaffenmarkt der USA. Mit dieser Geschäftspraxis gelang es ihm, die Konkurrenz auszustechen und die Colts der Sheriffs durch Glock-Pistolen zu ersetzen. Auch bei deutschen Polizeiverbänden wie der Antiterrorpolizei GSG 9 oder der Bundeswehr-Eliteeinheit Kommando Spezialkräften (KSK) gehören Glock-Pistolen zur Standardausrüstung.
In der Branche der Waffenproduzenten genießt Glock legendären Status. Doch er machte sich nicht nur Freunde. Im Juli 1999 entkam er nur knapp einem Mordversuch. Als er in einer Tiefgarage in Luxemburg seinen Wagen aufschließen wollte, näherte sich von hinten ein maskierter Mann, der versuchte, ihn mit einem Gummihammer zu erschlagen. Glock war zu diesem Zeitpunkt bereits 70 Jahre alt. Vermutlich hatte sein Angreifer deswegen nicht mit einer ernstzunehmenden Gegenwehr gerechnet. Glock jedoch, gestählt von regelmäßigen Badeausflügen zu zu­gefrorenen Seen, schlug auf den Angreifer ein. Am Ende des Kampfes lag dieser ohnmächtig am Boden und Glock verständigte die Polizei.
Wie sich herausstellte, handelte es sich um den ehemaligen Berufsboxer Jacques Pêcheur, der von einem Mitarbeiter Glocks angeheuert worden war. Charles Ewert, bei Waffenhändlern besser bekannt unter dem Namen »Panama-Charly«, war ein ehemaliger Fremdenlegionär und Glocks wichtigster Mitarbeiter im Auslandsgeschäft. Während seiner Tätigkeit bei Glock veruntreute Ewert etwa 100 Millionen Euro, die er auf eigene Konten transferierte. Als Glock dahinterkam, versuchte Ewert ihn mit Hilfe des angeheuerten Profiboxers aus dem Weg zu räumen. Während der Ermittlungen fiel eine ganze Reihe weiterer dubioser Zahlungen bei der Glock GmbH auf. Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung wurden die Geschäftsräume und Gaston Glocks private Villa von österreichischen Ermittlern durchsucht, Glock konnte allerdings nichts nachgewiesen werden. Sein ehemaliger Mitarbeiter Ewert und der angeheuerte Auftragskiller Pêcheur wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Glock verfügt über gute Kontakte in die Politik. Zum verstorbenen FPÖ-Gründer Jörg Haider pflegte er lange ein freundschaftliches Verhältnis. Im Jahr 2000 flog Glock mit seinem Privatjet nach Moskau, an Bord befand sich fast die gesamte Führung der FPÖ. Der Anlass für die Reise war das Interesse an neuen Kampfflugzeugen für die österreichische Luftwaffe. Da Russland zu diesem Zeitpunkt noch hohe Schulden in Österreich hatte, sollten diese mit den Flugzeugen abgegolten werden. Das Geschäft kam allerdings nie zustande. Offensichtlich konnten sich die beiden Staaten nicht über die Modalitäten einigen.
Das Verhältnis zu Haider blieb jedoch nicht ungetrübt, zwei Jahre nach der Moskau-Reise kündigte ihm Glock die Freundschaft. Der Grund war Haiders Besuch bei Saddam Hussein. Glock ­erkannte frühzeitig, dass ein solcher Kontakt für seine Waffengeschäfte in den USA zum Problem werden könnte. Später belieferte Glock die neuen US-treuen Sicherheitskräfte des Irak mit 200 000 fabrikneuen Glock-Pistolen. Ein Geschäft, das wohl nicht zustande gekommen wäre, hätte er Haider die Treue gehalten. Bezahlt wurde die neue Ausrüstung aus dem beschlagnahmten Privatvermögen des irakischen Diktators.

Mittlerweile reagiert Glock äußerst ungehalten, wenn er von Journalisten an seinen ehemaligen Freund aus Kärnten erinnert wird. Das geschah in den vergangenen Tagen häufiger, denn im Zuge des Skandals um die Hypo Group Alpe Adria (HGAA) kam es zu erstaunlichen Enthüllungen. Glocks Unterstützung für Haider ging möglicherweise weiter als bislang angenommen. Durch die Ermittlungen des österreichischen Finanzministeriums wurde bekannt, dass der ehemalige HGAA-Chef, Wolfgang Kulterer, im Februar 2005 in Liechtenstein etwa drei Millionen Euro in bar abgehoben hatte. Wie die vom österreichischen Finanzministerium beauftragten Ermittler der sogenannten CSI Hypo – benannt nach dem Titel einer Polizeiserie aus den USA – herausfanden, war der Koffer, in dem sich das Geld befand, für den österreichischen Waffenproduzenten Glock bestimmt. Ebenfalls von Interesse ist der Transfer von 51 Millionen Euro an die Bank of Bermuda im Jahr 2004. Unklar ist bislang, wofür dieses Geld benutzt wurde. Möglicherweise, so vermuten österreichische Medien, handelt es sich bei den drei Millionen Euro um das Startgeld für die BZÖ, eine im Jahr 2005 von Haider gegründete rechtspopulistische Partei. Hatte Glock sich mit Haider, der die neue Partei führte, wieder versöhnt? Die BZÖ wehrt sich vehement gegen diese Behauptung.
Auch der Transfer der 51 Millionen Euro gibt den Ermittlern der CSI Hypo Rätsel auf. Immerhin ist diese Summe fast identisch mit dem Vermögen des früheren Vorstandsmitglieds der Bayrischen Landesbank (Bayern LB), Gerhard Gribkowsky, das dieser in seiner kürzlich bekannt gewordenen »Sonnenschein-Privatstiftung« untergebracht hatte. Unter der Leitung des mittlerweile inhaftierten Gribkowsky hatte die Bayern LB die HGAA gekauft. Es gibt die Vermutung, dass Glock Anteile an der HGAA besessen habe und Gribkowsky für den Kauf der HGAA bestochen ­haben könnte. Bestätigt scheint bislang nur, dass der Koffer mit den drei Millionen Euro für Gaston Glock bestimmt war. So sagte Leo Grötsching von der CSI Hypo: »Der Verteidiger von Wolfgang Kulterer, Dr. Ferdinand Lanker, hat den Namen Anfang Dezember mündlich genannt, wollte das aber nicht schriftlich bestätigen.«
Trotz seines fortgeschrittenen Alters von 81 Jahren hat Gaston Glock anscheinend immer noch nichts von seiner Geschäftstüchtigkeit verloren. Die Geschäftsführung seines Waffenimperiums hat er an seine Kinder übergeben, aber seine informellen Kontakte – Grundlage für die erfolgreichen Waffengeschäfte – scheinen nicht so ohne weiteres übertragbar zu sein.