»Ein schönes Ablenkungsmanöver«

Im Jahr 1999 wurden die Berliner Wasserwerke teilprivatisiert. Seither ist der Wasserpreis um etwa 35 Prozent gestiegen. Am Wochenende sollen die Berliner in einem Volksentscheid bestimmen, ob die damals geschlossenen Verträge und Nebenvereinbarungen veröffentlicht werden, in denen auch Gewinngarantien für die beteiligten Konzerne festgelegt wurden. Thomas Rudek vom »Berliner Wassertisch«, der den Volksentscheid initiiert hat, gibt Auskunft.

Der Berliner Senat behauptet, die Verträge seien bereits veröffentlicht worden, es bedürfe deshalb keines Volksentscheids.
Sie sollte sich unseren Gesetzentwurf genau durchlesen. Wir verlangen nicht nur die Veröffentlichung der Verträge. Auch Beschlüsse und Nebenvereinbarungen müssen veröffentlicht werden. Gerade auf das Kleingedruckte kommt es an.
Lässt sich der hohe Wasserpreis nur durch die Teilprivatisierung erklären?
Stellt man die Kosten für Beschaffung, Herstellung und Transport des Wassers in Rechnung, müsste es in Berlin viel billiger sein. Stuttgart bezieht Wasser vom Bodensee, der Weg ist viel aufwändiger als hier. Dennoch ist es dort billiger. Im Berliner Urstromtal gibt es große Grundwasservorräte in bester Qualität. Das Wasser muss selbstverständlich gefördert werden, aber das war vor der Teilprivatisierung auch kein Problem.
Das Bundeskartellamt überprüft die Wasserpreise in Berlin. Was kann man von dieser Untersuchung erwarten?
Das ist ein schönes Ablenkungsmanöver, das der Wirtschaftssenator Harald Wolf gestartet hat. Das Bundeskartellamt überprüft nur die moderaten Trinkwasserpreise, aber nicht die sehr hohen Abwasserpreise.
Dennoch könnten als Ergebnis der Überprüfung die Preise sinken.
Vielleicht erlässt das Kartellamt eine Preissenkungsverfügung um zehn Prozent, aber nur auf den Trinkwasserpreis. Man kann aber nach unseren Berechnungen die gesamten Wasserpreise um über 30 Prozent senken.
Ein gewonnener Volksentscheid allein wird das nicht bewirken.
Die Offenlegung ist die Voraussetzung dafür, dass wir politisch für die kostengünstige und bürgernahe Rekommunalisierung der Wasserversorgung kämpfen können. Nur nach einer Veröffentlichung können wir die Gewinngarantien für die beteiligten Konzerne anfechten. Zur Erinnerung: Allein im letzten Jahr wurde in Berlin ein Gewinn von 270 Millionen Euro an die beiden Konzerne ausgeschüttet.