»Das ist lächerlich«

Es bedurfte nur einer kurzen Erklärung Thilo Sarrazins, schon zog die SPD die Anträge auf Parteiausschluss zurück und beendete das Parteiordnungsverfahren gegen den Mann, noch bevor es begonnen hatte. Bei weitem nicht alle Sozialdemokraten sind mit der Entscheidung glücklich, vor allem Juso-Verbände protestieren. Christian Berg, Landesvorsitzender der Berliner Jusos, spricht über die Vorgänge in der SPD.

Andrea Nahles hat Sarrazins Erklärung sehr wohlwollend interpretiert und gesagt, er habe sich »von diskriminierenden Äußerungen distanziert«. Sie dürften das anders sehen. Thilo Sarrazin rückt nicht einmal ansatzweise von seinen rassistischen und sozialdarwinistischen Aussagen ab. Er entschuldigt sich lediglich dafür, dass er jemanden verletzt haben könnte. Das ist lächerlich. Haben Sie wirklich mit einem Ausschluss gerechnet? Wir hatten dieses Mal breite Unterstützung, ich dachte, der Ausschluss könne gelingen. Vielleicht nicht in erster Instanz, aber dann in zweiter oder dritter auf Landes- oder Bundesebene. Aber der Punkt ist doch: Wollte man wirklich versuchen, inhaltlich zu begründen, dass Sarrazin in der Partei nichts zu suchen hat, oder nicht? Man hat sich für Zweiteres entschieden und klein beigegeben. Nahles sagt, die Entscheidung sei aber keinesfalls taktisch motiviert. Es wurde kein Schiedsspruch abgewartet, man hat sich schon vorher gütlich geeinigt. Die taktischen Motive sind offensichtlich: Man will das Thema aus dem Wahlkampf heraushalten. Aber das wird nach hinten losgehen. Sergey Lagodinsky, der Gründer des Arbeitskreises jüdischer Sozialdemokraten, ist wegen Sarrazins Verbleib aus der Partei ausgetreten. Würden Sie das als Ausdruck des Protests auch in Betracht ziehen? Ich habe Verständnis für Sergeys Entscheidung. Ich kann auch niemandem sagen: Bleibe in der Partei, alles wird wieder gut. Es gibt sehr viele Jusos, die über den Austritt nachdenken. Ich will die Partei aber nicht Sarrazin und seiner Ideologie überlassen. Ob das gelingen wird, muss sich in den nächsten Wochen entscheiden. Welche Strategie verfolgen Sie dabei? Man muss auch die Führungsfrage ansprechen. Die Berliner Landesführung hat versagt. Zudem wird der Juso-Bundesverband eine Erklärung gegen den Rechtspopulismus veröffentlichen, die wir auch dem Parteivorstand vorlegen wollen. Mal sehen, ob sie zerredet oder angenommen wird.