»Selbst besser lösen«

In seinem neuen Buch »Bayern kann es auch allein« plädiert Wilfried Scharnagl, ein prominentes CSU-Mitglied und ehemaliger Vertrauter von Franz Josef Strauß, für die Abspaltung Bayerns von der Bundesrepublik. Das fordert die Bayernpartei schon seit ihrer Gründung im Jahr 1946. Florian Weber, der Vorsitzende der süddeutschen Separatisten, hat mit der Jungle World gesprochen.

Wie erklären Sie sich Herrn Scharnagls Forderung?
Der CSU dürfte nicht entgangen sein, dass es im vergangenen Herbst eine Forsa-Umfrage gab, die der Bayernpartei ein Wählerpotential von 18 Prozent zugesprochen hat. Deshalb denke ich, dass ein wenig Taktik dahintersteht. Sollte Herr Scharnagl als bekanntes CSU-Mitglied aber ernsthaft der Überzeugung sein, freuen wir uns. Es gibt viele gute Gründe, die für die Abspaltung sprechen.
Bayern müsste dann beispielsweise keinen Länderfinanzausgleich mehr zahlen. Hätte die verbleibende Bundesrepublik auch Vorteile?
Ja. Es geht nicht nur ums Geld, sondern um das Demokratieprinzip. Je größer die Bevölkerungszahl eines Staates ist, desto weniger hat der Einzelne zu sagen. Je kleiner sie ist, desto mehr Gewicht hat das Wort des Einzelnen. Das wäre auch für die Bundesrepublik ein Demokratiegewinn.
Fühlen Sie sich in den bestehenden demokratischen Organen also nicht ausreichend repräsentiert?
Nein. Wir Bayern haben eine eigenständige Kultur, es gibt viele Dinge, die wir selbst besser lösen könnten. Mit 13 Millionen Einwohnern wäre Bayern der neuntgrößte Staat der EU, mit dem Bruttosozialprodukt läge er deutlich weiter vorn. Die parlamentarische Vertretung im EU-Parlament ist aber minimal, Griechenland hat weniger Einwohner als Bayern, ist aber besser vertreten.
Die Franken beispielsweise bestehen darauf, keine Bayern zu sein. Würde Bayern zerfallen, wenn sich Franken oder Schwaben nach der bayerischen Sezession weiter abspalten würden?
Es wäre das legitimes Recht jeder Bevölkerungsgruppe, sich so zu entscheiden. Wenn man sich die europäischen Entwicklungen ansieht, ist der Trend deutlich spürbar. Denken sie an Schottland, Belgien oder das Baskenland. Ich muss aber betonen: Das kann nur auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung geschehen. Gewalt scheidet aus.
Es gäbe also keine bayerischen Grenzanlagen, um Wirtschaftsflüchtlinge aus Norddeutschland abzuwehren?
Nein, um Gottes Willen. Das würde ganz im Sinn des Schengen-Abkommens ablaufen. Es geht nur um die staatliche Selbständigkeit.