Die Frauenfußball-WM

Der Kunstrasen

Ein Blick auf die Frauenfußball-WM

Wer über Frauenfußball schreibt, steckt in einem Dilemma: Einerseits möchte man sich den leidigen Vergleich mit den Männern gerne sparen, andererseits müsste man dann so tun, als handele es sich um eine komplett andere Sportart. Als hätte die Fifa nicht eh schon viel zu viel unternommen, um diesen Eindruck zu erwecken: Schon vor Beginn des Turniers in Kanada, das per Anordnung des Veranstalters konsequenterweise nicht schlicht »Fußball-WM« heißen darf, sondern »Fifa-Frauen-WM« genannt zu werden hat, wurde mit Geschlechtstests sichergestellt, dass sich ja keine versteckten Y-Chromosomen auf den Platz schmuggeln (bei diesen kickenden Mannweibern weiß man ja nie); und dann wäre da noch der euphemistisch als umstritten zu bezeichnende Kunst­rasen. Da sähe man doch gerne einmal im Vergleich, wie die Herren Messi, Schweinsteiger & Co. mit dem »fusseligen Zement« (Elke Wittich) klarkämen – was allerdings nie geschehen wird, weil deren Protest gegen den ebenso verletzungsträchtigen wie ballfeindlichen Untergrund garantiert nicht so kaltschnäuzig abgebügelt werden würde wie der ihrer ungleich schlechter bezahlten Kolleginnen. Die spielen nun also nicht nur gegen ihre Kontrahentinnen und »gegen den Ball«, sondern auch noch gegen den widrigen Bodenbelag. Da verzichtet frau eben doch lieber auf die eine oder andere riskante Aktion, und ab Minute 75 liegen die ersten Spielerinnen mit Wadenkrämpfen am Boden. All das ist wenig hilfreich, dem Bild entgegenzutreten, das der gewöhnliche Fußballmacker so vom Frauenfußball pflegt.
Klar, das vielbeklagte Leistungsgefälle existiert: Da bekommt man einerseits mal ein Mittelfeldgegurke zwischen den Mitfavoritinnen Australien und Schweden geboten, wie es Fans der gepflegten Männerkickerei unlängst ganz tief im Zweitligakeller (auf echtem Rasen) erduldet haben. Andererseits machen Teams wie Kamerun ihren unübersehbaren Mangel an Taktik und Erfahrung durch Beherztheit und Spielfreude wett, verweisen damit die Schweiz in einem höchst unterhaltsamen Spiel auf Platz drei ihrer Gruppe und liefern so einen von vielen Beweisen dieser WM, dass es nirgends auf der Welt an weiblichen Fußballtalenten mangelt; durchaus aber an deren Förderung.
Doch auch in finanzieller Hinsicht zeigen die Frauen aus Kamerun eine begeisternde Aufholjagd auf den männlichen Profifußball: Sie folgten dem Vorbild ihrer Landsmänner vom vorigen Jahr und drohten vor der WM mit Streik, um eine Erhöhung ihrer Teilnahmeprämien durchzusetzen – mit Erfolg. Allein schon deshalb ist es bedauerlich, dass für sie nach dem Achtelfinale gegen China dann doch Schluss war. Man hätte ihnen gerne noch ein paar Spiele mehr gegönnt.