Das Wohnmobil des NSU wurde mitsamt der Leichen abgeschleppt

Turnschuh mit Fuß dran

Im zweiten NSU-Ausschuss des Thüringer Landtags versuchten die Abgeordneten herauszufinden, was genau geschah, nachdem das Wohnmobil mitsamt den Leichen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gebrannt hatte. Warum waren die Spurensicherung und der Abtransport so fahrlässig und unprofessionell?

Die Feuerwehrleute, die am 4. November 2011 den brennenden Wohnwagen im Eisenacher Stadtteil Stregda löschten, waren völlig ahnungslos. Die vor Ort eingesetzten Polizisten unterrichteten die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr weder darüber, dass sich im Fahrzeug Überreste von Menschen befanden, noch dass zuvor Schüsse gefallen waren. Erst als bei den Löscharbeiten ein »Turnschuh mit Fuß dran« auftauchte, wurde der Einsatz abgebrochen, um eventuelle Spuren nicht zu beschädigen.
Vor dem Untersuchungsausschuss konnte die Thüringer Polizei Ende August 2015 nicht mehr mit Sicherheit sagen, wie die Ermittlungen in Eisenach zur Brandursache im Wohnmobil abliefen und welcher Brandursachenermittler vor Ort tätig war. »Der Einsatz eines Brandursachenermittlers lässt sich anhand der Aktenlage nicht nachvollziehen«, heißt es in einem Schreiben der Landespolizeidirektion an das Thüringer Innenministerium. Man vermute, »dass die Ermittlungen zur Brandursache im Rahmen der kriminaltechnischen Tatortarbeit geleistet worden« worden seien. Aber wie dies ohne einen ausgebildeten Brandursachenermittler geschehen sein soll, bleibt schleierhaft. Es finden sich zwar Hinweise, dass einen Tag nach dem Brand ein Polizist des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg gemeinsam mit Thüringer Beamten »weitere Maßnahmen der Spurensicherung am Wohnmobil« vorgenommen haben soll. Nachprüfen lässt sich das aber gegenwärtig nicht, unter anderem weil der Name des Beamten nicht bekannt ist.

Der für das Abschleppen des ausgebrannten Wohnmobils zuständige Unternehmer bestätigte, dass, nachdem er das sichergestellte Fahrzeug in einer Halle untergebracht hatte, die Polizei noch mit der Spurensicherung beschäftigt war. Auf Nachfrage von Dorothea Marx (SPD) erklärte der Unternehmer vor dem Untersuchungsausschuss, dass die Beamten in der Halle Overalls und Schuhschutz trugen. »Aber es war natürlich auch hier und da mal jemand ohne da.«
Danach habe das ausgebrannte Wohnmobil längere Zeit unbeobachtet in der Halle gestanden, ohne dass es von der Polizei besonders gesichert oder bewacht worden wäre. Außerdem existierte weder für das Gelände noch die Halle eine Videoüberwachung. Die Halle sei auch nie versiegelt worden.

Ob das Wohnmobil mitsamt den Leichen überhaupt vom Fundort abtransportiert werden sollte, darüber herrschten unterschiedliche Meinungen. Der Abschleppunternehmer berichtete vor dem Ausschuss, wie die Polizisten über Abschleppen oder Nichtabschleppen debattierten. Währenddessen hätten, so der Zeuge, immer mal wieder unterschiedliche Personen in den Wohnwagen geschaut. Hintergrund der Uneinigkeit war offenbar, dass beim Abschleppvorgang mindestens eine Person in die vordere Kabine musste, um den Handbremshebel zu lösen. Ob vorher eine Tatortsicherung da war, mit Anzügen oder Schuhüberziehern, daran konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern.
Die Abgeordnete Katharina König (Partei »Die Linke«) fragte den Abschleppunternehmer, ob er denn Einspruch eingelegt habe, als bekannt wurde, dass er nicht nur einen Wagen abschleppen sollte, sondern auch die toten Menschen. Dies verneinte der Zeuge. Eine gewisse Brisanz der Lage habe er zwar erkennen können, aber das gesamte Ausmaß sei ihm nicht klar gewesen. »Sie transportieren Leichen, obwohl sie kein Leichenwagen sind. Sie ziehen den Wohnwagen circa 40 Grad hoch, obwohl Leichen drin sind, die dann logischerweise durcheinander fliegen und es beschäftigt sie nicht, so lange sie die Leichen nicht sehen müssen?« hakte König nach. Der Unternehmer entgegnete: »Nein, das war mein Auftrag (...).«