Eine Änderung des Mediengesetzes würde freie Radios in Bayern bedrohen

Kein UKW im Internet

Die Finanzlage der freien Radios in Bayern war schon immer alles andere als rosig, staatliche Grundförderung gab es nie. Doch nun fürchten sie um ihr Fortbestehen, denn eine geplante Änderung des Mediengesetzes gefährdet die Existenz der UKW-Sender.

»Das Bayerische Mediengesetz entspricht nicht mehr den Erfordernissen eines modernen Medienumfeldes«, behauptete die bayerische Staatsregierung im Dezember. Die fortschreitende »Medienkonvergenz« und Digitalisierung stellten bayerische Medienunternehmen vor große Herausforderungen, die der CSU-Regierung zufolge eine Novellierung des Gesetzes notwendig machen. Der entsprechende Entwurf, der bereits in erster Lesung im Landtag behandelt wurde, lässt die sogenannten freien Radiosender in Bayern um ihre Existenz fürchten – und es sind ohnehin nur zwei.
»Eigentlich gibt es uns gar nicht«, sagt Syl Glawion, Geschäftsführerin von Radio Z, das seit fast 30 Jahren aus Nürnberg sendet. Freie Radios, also nichtkommerzielle, überwiegend von Ehrenamtlichen betriebene Sender, sind in Bayern, im Gegensatz zu einigen anderen Bundesländern, gesetzlich nicht anerkannt. Das bayerische Mediengesetz kennt nur öffentlich-rechtliche und kommerzielle Sender. Zwar verfügen Radio Z und Radio Lora aus München, das zweite freie Radio Bayerns, über Sendelizenzen. Eine staatliche Grundförderung gibt es jedoch nicht.
Die Sender finanzieren sich seit Jahrzehnten über Mitgliedsbeiträge, Spenden und meist mittelfristige Projektförderungen. Die bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) bietet zwar eine Programmförderung für kulturelle, kirchliche, soziale und wirtschaftliche Inhalte an. Diese muss jedoch jedes Jahr aufs Neue beantragt werden und steht allen Programmanbietern offen. 2015 erhielt Radio Z 27 000 Euro, Radio Lora 18 000 Euro von der BLM.
Auf europäischer Ebene sind freie Radios durchaus anerkannt. Sie fallen in den Bereich der sogenannten community media. Der Definition des Ministerrats der Europäischen Union zufolge werden community media von Bürgern für Bürger gemacht, sind nichtkommerziell und unabhängig von staatlichen, kommerziellen und religiösen Institutionen sowie politischen Parteien. Das Europäische Parlament und das Ministerkomitee des Europarats erkannten community media 2008 und 2009 als eigenständige Mediensparte neben den öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Medien an. Das Ministerkommitee forderte die Mitgliedsstaaten auf, zu prüfen, wie deren rechtliche Bedingungen angepasst werden müssten, um die Anerkennung und die Entwicklung von community media und die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer sozialen Funktionen zu ermöglichen.
Eine Petition zur Anerkennung der community media wurde von allen bayerischen Oppositionsparteien im Landtag begrüßt und im Juli 2015 an Erwin Huber (CSU), den Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Medien im bayerischen Landtag, überreicht. Ein Gesetzentwurf von Grünen, SPD und Freien Wählern zur Förderung von community media scheiterte jedoch im Dezember an der CSU-Mehrheit. »Wir haben eine sehr reichhaltige Rundfunk­landschaft und freuen uns, dass diese auch durch ehrenamtliche Medien bereichert wird. Wir glauben, dass wir sehr gute Instrumente der Förderung haben. Wir glauben aber nicht, dass es einer institutionellen Förderung bedarf«, kommentierte Markus Blume (CSU) den Entwurf.
Sorge bereitet nun den freien Sendern und auch kleinen kommerziellen Lokalradios die von der CSU geplante Änderung des Artikels 25 des Mediengesetzes. Derzeit teilen sich viele kleinere Sender eine Frequenz mit anderen Anbietern. In dem Gesetzentwurf der Staatsregierung heißt es: »Ein Programm mit mehreren Anbietern auf einer Frequenz soll nur dann genehmigt werden, wenn die wirtschaftliche Tragfähigkeit, die programmliche, technische, organisatorische und finanzielle Zusammenarbeit der Anbieter und ein zusätzlicher Beitrag zur Meinungsvielfalt zu erwarten sind.« Keine Grundförderung zu erhalten, bedeutet für die freien Radios ohnehin, den Betrieb unter prekären finanziellen Bedingungen zu gewährleisten. Sollte der Gesetzentwurf der bayerischen Staatsregierung angenommen werden, könnte es mit der »wirtschaftlichen Tragfähigkeit« schnell zu Ende sein.
Für Glawion gibt es keine gemeinsame Grundlage zur Zusammenarbeit mit dem kommerziellen Sender, mit dem sich das gemeinnützige Radio Z die Frequenz teilt und der Interesse an zusätzlichen attraktiven Werbezeiten hat. Radio Z hingegen auf einer Vollfrequenz zu betreiben, sei finanziell wie personell schwer zu schaffen; ohnehin müsste diese im Vergabeverfahren erst einmal erkämpft werden, so die Geschäftsführerin. »Dann geht doch ins Internet« – diesen Satz habe sie in den vergangenen Jahren häufig gehört. »Das Internet ist eine Ergänzung und wird immer wichtiger, aber wir erreichen viel mehr Hörer über UKW. Mit einem Wechsel ins Internet würde unsere Hörerbasis zusammenbrechen. Das hat man bei Sendern beobachten können, die diesen Schritt gegangen sind oder gehen mussten«, sagt Glawion. Sie kritisiert, dass Medienpolitik in Bayern überwiegend unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit behandelt werde. »Das sieht man allein schon daran, dass für uns das Wirtschaftsministerium verantwortlich ist«, so die Geschäftsführerin.
Derweil versuchen die Oppositionsparteien, im Landtag gegen den Gesetzentwurf der Staatsregierung vorzugehen. Für Mitte März ist eine Anhörung anberaumt, in der Medienrechtler, Journalistenverbände und Gewerkschaften ihre Sorgen kundtun dürfen. Sie sollen die CSU umstimmen, die die absolute Mehrheit der Mandatsträger stellt.