Der Film »Inside IS« von Jürgen Todenhöfer

Inside Todenhöfer

Auf das Buch folgt der Film: Jürgen Todenhöfer stellte in der vorigen Woche seinen Film »Inside IS« vor. Darin geht es vordergründig um den »Islamischen Staat«, Held und Hauptdarsteller ist allerdings der Filmemacher selbst.

Die als »Weltpremiere« vermarktete Vorstellung der Dokumentation »Inside IS« fand am 6. Juni in der Essener Lichtburg statt. Die Show beginnt schon vor dem Film. Zweimal werden die Kinobesucher abgetastet. Keine Tasche darf, obwohl durchsucht, mit in den Kinosaal genommen werden. Ob aus Angst vor dem Protest von Antifaschisten, die vor dem Kino gegen Jürgen Todenhöfers IS-Apologie protestieren, oder weil sich der Filmemacher mittlerweile von den Islamisten bedroht sieht, ist nicht klar.
Der Film beginnt mit einem Laptop, auf dem das Logo des »Islamischen Staats« zu sehen ist, es folgt ein Skype-Gespräch zwischen Todenhöfer und Christian Emde, der in Syrien für die Terrorgruppe kämpft. Emde lädt Todenhöfer zu einem Besuch ein. Schnitt. Todenhöfer im Porträt, er erzählt von seinen Überlegungen, ins Kampfgebiet zu reisen, den Vorbereitungen und seinen Gedanken dabei. Verstehen wolle er, sich ein eigenes Bild machen. Das Bild, das sich Todenhöfer dann im Film vom »Islamischen Staat« macht, ist nicht besonders beeindruckend. Der Markt in Mossul, ein paar vermummte Kämpfer. Menschen, die in die Kamera erzählen, wie gut das Leben dort sei. Todenhöfer interessiert sich für das »Rechtssystem« und die »Justizbehörden« im Herrschaftsgebiet der Terroristen. Die Aussage eines »Richters«, dass es quasi keine Verbrechen im »Islamischen Staat« gäbe und die »Polizei« sich darauf beschränke, den Verkehr zu regeln, bleibt unkommentiert. Die ausführlichsten Gespräche führt Todenhöfer mit IS-Kämpfer Christian Emde. Die Aufnahmen sind nicht wirklich gut zu verstehen, da sie an einer Hauptverkehrsstraße gedreht wurden. Wirklich Spannendes hat der Solinger aber auch nicht zu erzählen: Schiiten müssen sterben, Juden und Christen dürfen leben, wenn sie Abgaben zahlen und ihren Glauben nicht öffentlich ausüben, und früher oder später wird der »Islamische Staat« auch in Europa herrschen. Dümmlich grinsend möchte Emde von Todenhöfer wissen, ob er lieber eine Enthauptung oder eine Hand­amputation sehen möchte. Dieser musste der Filmemacher immer­hin nicht beiwohnen, um den islamistischen Terrorstaat zu verstehen. Am Ende des Films spricht Todenhöfer mit einem liberalen Geistlichen in Paris, dieser lehnt die Glaubensauslegung des IS ab. Todenhöfer hat den wahren, echten und einzigartigen Islam gefunden und fällt sein Urteil: Der »Islamische Staat« hat nichts mit dem Islam zu tun.
Der Film ist zu Ende. In der Lichtburg applaudieren 1 200 Menschen, darunter viele junge Muslime. Todenhöfer steht zur Fragerunde bereit, stolziert dabei dynamisch vor der Leinwand von links nach rechts. Schuld am IS sei der Westen, allen voran die USA, erklärt Todenhöfer. Deren »Kriege« und »der Westen« allgemein würden systematisch Terroristen züchten. Todenhöfer möchte »verhandeln statt bombardieren«. Eine große Friedenskonferenz schwebt ihm vor, die er wahrscheinlich selbst moderieren möchte. Dass Verhandlungen nicht ganz oben auf der Agenda der Jiahdisten stehen, hätte der ehemalige CDU-Politiker feststellen können, wenn er seinen Interviewpartnern in Mossul zugehört hätte. Aber es geht Todenhöfer eher um Selbstinszenierung. Dazu passt auch, dass er sich ständig als »erster westlicher Journalist« im Gebiet des IS präsentiert. Dass andere, beispielsweise ein Team von Vice, schon vor ihm da waren, wird geflissentlich übersehen. Dass, wie Todenhöfer selbst zugibt, Aufnahmen gelöscht wurden, die unter anderem bettelnde Menschen zeigten, spielte Filmemachers keine Rolle.
Wer nicht antiamerikanische Ressentiments lauschen möchte, sollte einen großen Bogen um den Film »Inside IS« machen. Es gibt deutlich bessere Filme über die islamistische Terrorgruppe.