Der Umgang mit rechtsextremen Verlagen auf der Leipziger Buchmesse ist umstritten

Rechtsextrem und meinungsfrei

Seite 2 – Gegen Verbote

 

Politiker von SPD, Grünen und FDP tendieren ebenfalls zu der Meinung, dass die Messe wegen demokratischer Grundsätze die Beteiligung solcher Verlage aushalten müsse. Der FDP-Stadtrat René Hobusch sagte: »Ich habe schon in den neunziger Jahren meine Unterschrift dafür geleistet, dass die Junge Freiheit auf der Buchmesse ausstellen darf.« Eine erneute Unterschrift für die neurechte Wochenzeitung wird diesmal nicht nötig sein. In der vergangenen Woche sagte die Junge Freiheit ihre Teilnahme an der Buchmesse ab. Ihr Geschäftsführer Dieter Stein warf der Messeleitung vor, seine Zeitung absichtlich neben rechtsextremen Ver­lagen platzieren zu wollen und mit einer »linksradikalen Aktion« kooperiert zu haben.

Damit meinte er das Bündnis »Verlage gegen rechts«, das die Absage der Jungen Freiheit wiederum als »vollen Erfolg« wertete. Im Gegensatz zur Fraktion der Linkspartei lehnt das Bündnis jedoch Verbote ab. In einer Pressemitteilung heißt es: »Wir reagieren auf die Präsenz rechter Verlage mit Aufklärung und emanzipatorischen Inhalten. Wir laden die Buchbranche zu einer politischen und engagierten Diskussion über rechte Verlage auf der Leip­ziger Buchmesse ein.« So soll es zahlreiche Veranstaltungen zu Themen wie Rassismus, Feminismus und Meinungsfreiheit geben. Für den Abend vor der Eröffnung der Buchmesse wurde zudem eine Kundgebung in der Innenstadt angekündigt. Dem Bündnis gehören mehr als 200 Verlage, Personen und Initiativen an, darunter auch die Jungle World.

Eine dritte Wortmeldung gegen rechtsextreme Verlage auf der Buchmesse kam von der kommunistischen Leipziger Gruppe »The Future Is Unwritten«. Sie spricht sich ebenfalls gegen Verbote aus, hält es aber für un­zureichend, lediglich über das Problem zu reden. Stattdessen sollten engagierte Personen dafür sorgen, dass es »Stress gibt«, wie Pressesprecherin Hanna Fuchs im Gespräch mit der Jungle World sagt. »Alles, was wir gegen die Norma­lisierung des Rechtsrucks tun können, sollten wir auch tun.«

Dennoch hält die Gruppe die Frage der Meinungsfreiheit für wichtig und lehnt es ab, dass Behörden den Rechtsextremen dieses Grundrecht entziehen. Damit richtet sie sich gegen Ansichten, die in linken Kreisen durchaus verbreitet sind. In einem online veröffentlichten Debattenbeitrag schreibt »The Future Is Unwritten«: »Da wir ­keinen Staat wollen, der anfängt, Meinungsäußerungen auf Zulässigkeit zu prüfen, und da wir nicht erst seit dem Indymedia-Linksunten-Verbot wissen, dass sich staatliche Zensur jederzeit auch gegen uns richten kann, fordern wir in keinem Fall, dass der Staat diesen Bruch mit der Meinungsfreiheit vollzieht.«

Andererseits sei aber jeder rechtsextreme Präsenz bereits im Ansatz zu bekämpfen. Die Gruppe kommt angesichts des sich auftuenden Widerspruchs zu dem Schluss: »Wir verhindern rechte Kundgebungen, Demos und Stände – aber sind uns dabei im Klaren, dass wir dabei vorläufig mit unseren eigenen politsch-normativen Standpunkten brechen.«

Der neurechte Antaios-Verleger Götz Kubitschek bezeichnete diesen Text auf der Homepage seiner Zeitschrift Sezession als »Aufruf zur Gewalt«. In den Kommentaren zu dem Artikel forderte daraufhin eine Person »maxi­male Präsenz« auf der Buchmesse und empfahl: »Janker und Tweedsakko im Schrank lassen und lieber etwas Praktisches anziehen.« Kubitschek antwor­tete auf diesen Kommentar schlicht: »Das höre ich gern, sehr gern.«