Nach Ende der staatlichen Förderung dürften viele Windräder unrentabel werden

Windige Überbleibsel

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Was die Entsorgung der alten Windräder so teuer macht, sind die Rotoren. Sie bestehen aus einem Mix von Kunststoffen und ihre dauerhafte Lagerung auf Deponien ist kostspielig. »Besondere Herausforderungen in der Demontage und dem Recycling von ­Rotorblättern bestehen zum einen in der großvolumigen Bauweise, dem Materialmix, der dem Recycler nicht bekannt ist, der geringen Werthaltigkeit des Glasfasermaterials gegenüber Primärmaterial sowie fehlender kontinuierlicher Rücklaufmengen«, sagte Elisa Seiler vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT der Jungle World. Die ­Forschungseinrichtung im baden-württembergischen Pfinztal arbeitet an ­einem Verfahren, mit dem die Kunststoffe der Rotoren getrennt und dann recycelt werden können: der energetischen Demontage, bei der die ver­schiedenen Stoffe zum Teil voneinander abgesprengt werden. Bis es tatsächlich eingesetzt werden kann, wird es allerdings noch dauern, so Seiler: »Das Verfahren funktioniert im ­Labor, bedarf aber noch weiterer Optimierung für ­einen industriellen Einsatz.« Da in Deutschland jährlich etwa 200 000 Tonnen glasfaserverstärkte Bauteile pro­duziert werden und man beim Frauenhofer-Institut in Pfinztal davon ausgeht, dass diese Menge in Zukunft deutlich ansteigen wird, sei eine nachhaltige Methode zum Recycling der Verbundstoffe dringend erforderlich.

 

Wenn die Betreiber von Windanlagen über mehrere Jahrzehnte Rücklagen gebildet hätten, seien die hohen Kosten, die auf sie zukämen, gedeckt, sagte ­Mario Burda vom Landesverband Erneuerbare Energien Nordrhein-Westfalen der Jungle World: »Die Kosten für den Rückbau und die entsprechenden Rücklagen einer Windenergieanlage und für die Entsiegelung lassen sich nicht pauschal beziffern, lagen jedoch laut einer Datenerhebung von 2012 bereits auf einem durchschnittlich niedrigen Niveau von vier bis fünf Prozent der Betriebskosten.« Doch wenn die Rücklagen nicht ausreichten, würden sich die Behörden an die Betreiber der Anlagen wenden, sagt Burda: »Sofern der Betreiber nach Nutzungsaufgabe der Anlage nicht über ausreichende Mittel für den Rückbau verfügt, wird die Bauaufsichtsbehörde im Falle der ­Ersatzvornahme auf die Sicherheitsleistung, die im Regelfall aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft des Betreibers bei einer Bank besteht, zurückgreifen.« Und da der Betreiber in den meisten Fällen eine Kommandit­gesellschaft ist, haften die Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen. »Viele Investoren haben keine Rückstellungen gebildet«, berichtet Vahrenholt. Er ist sich sicher, dass in Berlin die Lobbyisten bereits daran arbeiten, dass sich auch bei der Entsorgung der Wind­räder am Ende die Allgemeinheit an den Kosten beteiligt wird. Kein unwahrscheinliches Szenario, denn bei der Atomenergie ist es genau so gelaufen und für den Fall, dass die sogenannten Ewigkeitskosten des Bergbaus, also ­Folgekosten, die nach Beendigung des Bergbaus an bestimmten Orten ent­stehen, nicht von der zu diesem Zweck gegründeten Stiftung gedeckt werden, wird ebenfalls die Allgemeinheit einspringen müssen.

Allerdings kann der Staat auch heute schon dafür sorgen, dass der Abriss ­eines Windrades nicht ganz so teuer wird: Die Region Dithmarschen in Schleswig-Holstein verzichtet nach einem Bericht des NDR darauf, dass die Windradbetreiber die viele Meter tiefen Betonsockel ganz entfernen. Es reicht, wenn man sie nicht mehr sieht.