Ronan Evain, Vorsitzender der Fanorganisation Football Supporters Europe, im Gespräch über den Umgang mit russischen Hooligans

»Dieses Jahr kaum Gewalt«

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Interview Von

In russischen Stadien passiert es häufig, dass Fans Affenlaute imitieren oder Bananen werfen, wenn ein schwarzer Spieler am Ball ist. Wird dieser Rassismus die WM begleiten?
Bis vor zwei oder drei Jahren waren solche Szenen üblich. Das haben die russischen Fußballfunktionäre lange Zeit nicht als Problem anerkannt. Sie interpretierten das als eine Art Folklore, gegen die man nicht vorgehen muss. Das einzige, wogegen wirklich vorgegangen wurde, waren Nazisymbole. Das Imitieren von Affenlauten und andere rassistische Aktionen wurden akzeptiert; wenn jemand ein Hakenkreuz zeigte, griff die Polizei ein und nahm die Person fest.

Im Zuge der Modernisierung für die WM hat Russland aber neue Konzepte entwickelt, um die Vorfälle und Urheber zu identifizieren. Die Methoden scheinen meiner Auffassung nach europäischen Standards zu genügen.

Man wird also keine Affenlaute mehr hören, wenn Kylian Mbappé mit dem Ball Richtung Tor rennt?
Wie Sie wahrscheinlich wissen, kam es vor drei Monaten beim Freundschaftsspiel Frankreich gegen Russland in Sankt Petersburg vereinzelt zu Affenrufen. Das war sehr limitiert, vier oder fünf Personen haben das gemacht und es wurde im russischen Fernsehen gezeigt. Die Fußballfunktionäre haben das Problem dieses Mal nicht geleugnet. Auf so einem Level kann das in den Stadien passieren, aber ich glaube, die russischen Sicherheitskräfte können das eingrenzen. Das gilt natürlich nur für das Stadion. Die russische Gesellschaft ändert das nicht.

»Die Welt zu Gast bei Freunden« war das Motto der WM in Deutschland 2006. Da wurde dann auch freundlich darüber hinweggesehen, dass es No-go-Areas für Menschen gibt, die eine andere Haut- oder Haarfarbe haben. Wie schätzen Sie das für die WM in Russland ein?
Manche Spiele werden in Städten mit sehr geringer ethnischer Vielfalt stattfinden. Da können Fans aus Westeuropa, Südamerika oder Afrika südlich der Sahara einer gewissen Neugier der einheimischen Fans begegnen. Das kann für manche Besucher unangenehm sein, hat aber oft nichts mit bösen Absichten zu tun.

Wird das staatlich verordnete Doping in Russland eigentlich als Problem anerkannt oder unisono als westliche Propaganda abgetan?
Es wird von den russischen Propagandamedien als westliche Propaganda interpretiert. Wenn man sich die Abendnachrichten auf dem ersten Kanal anschaut, dann wird es als antirussiche Propaganda dargestellt. Es ist aber auch kein großes Thema. Die meisten interessiert es nicht.