28.06.2018
Der linke Präsidentschaftskandidat López Obrador wird in Mexiko auch von klerikalen Rechten und Unternehmern unterstützt

Mexikanische Querfront

Die Chancen des linken Kandidaten Andrés Manuel López Obrador bei den Präsidentschaftswahlen in Mexiko stehen gut. Doch in seinem Wahlbündnis findet sich eine evangelikale rechte Partei, sein politisches Programm ist verwaschen.

Andrés Manuel López Obrador wird am ersten Julisonntag zum dritten Mal in Folge bei Präsidentschaftswahlen antreten. Noch nie war er einem Sieg ­näher. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Mitofsky von ­Anfang Juni kam er auf 47,8 Prozent der Stimmen – 21 Prozentpunkte Vorsprung vor dem zweitplatzierten Ricardo ­Anaya, dem Kandidaten des konservativen Partido Acción Nacional (PAN). Die politischen Fronten in Mexiko sind verhärtet. Sie verlaufen aber weniger als noch vor sechs beziehungsweise zwölf Jahren entlang ideologischer Linien. Begleitet wird die Zeit vor der Wahl von extremer Gewalt. Seit September wurden über 120 Politikerinnen und Politiker aller Parteien ermordet. 2017 wurden in Mexiko nach offiziellen Angaben 29 168 Menschen ermordet, dieses Jahr scheinen es noch mehr zu werden: Im Schnitt werden derzeit 90 Morde pro Tag verübt. Im April wurden offiziell 70 Feminizide registriert. Das organisierte Verbrechen, staatliche und nichtstaatliche Banden terrorisieren das Land.

Folgt man der López Obrador wohlgesinnten Presse inner- und außerhalb Mexikos, scheint es bisweilen, als wäre die »Erneuerung der Nation«, die das Akronym seiner Partei Morena verspricht, nach dessen Wahlsieg wirklich möglich. Seine Gegner warnen hin­gegen vor ihm als einem Wiedergänger von Hugo Chávez. Im Gegensatz zu den anderen Präsidentschaftskandidaten stand López Obrador nie unter ­Korruptionsverdacht. Er gilt als ehrlich, bescheiden und aufrichtig – für mexikanische Parteipolitikerinnen und -politiker zweifellos außergewöhnlich. Seine politischen Allianzen und sein Programm sowie der Handlungsspielraum, über den ein Staatspräsident heutzu­tage in Mexiko verfügt, finden allerdings oft zu wenig Beachtung.

López Obrador, der nicht müde wurde, die regierenden Parteien und deren Umfeld als »Mafia der Macht« zu denunzieren, versammelt nun Teile jener »Mafia« um sich.

Im Dezember verband López Obradors Partei Morena sich mit der evangelikalen Partei der Sozialen Begegnung (PES). Zusammen mit der Partei der ­Arbeit (PT) gründeten sie die Wahlallianz »Juntos haremos historia« (Zusammen machen wir Geschichte). Im PES finden sich zahlreiche Homophobe und Abtreibungsgegner. Neben der Präsidentschaftswahl finden an diesem Tag auch die Wahlen für Senat und Abgeordnetenkammer auf Bundes- und Landesebene, acht Gouverneurs- und 1 596  Bürgermeisterämter statt. Der PES dürfte dabei eine nicht unbedeutende Anzahl Mandate erlangen.

Menschenrechtsorganisationen befürchten, das Bündnis mit dem PES könnte die neue Regierung dazu drängen, bereits erreichte soziale Rechte wieder zurückzunehmen. Zuletzt bemängelten UN-Institutionen wie ­UNHCR, UN Women, ILO und weitere, dass weder López Obrador noch die ­anderen Präsidentschaftskandidaten über eine politisches Programm ver­fügen, »um die Rechte der mexikanischen Frauen und Mädchen zu gewährleisten«.