Warum die derzeit beste kubanische Turnerin nicht zur Leichtathletik-WM darf

Kein Geld, nirgends

Seite 2

In den vergangenen Jahren aber wurden die Erfolge weniger. War Kuba von 1972 bis 2004 bei Olympischen Spielen noch stets die erfolgreichste lateinamerikanische Nation im Medaillenspiegel, wurde das Land 2008 in Peking erstmals von Jamaika und Brasilien überflügelt und konnte auch in London 2012 und Rio de Janeiro 2016 die Spitzenposition nicht wieder zurückerobern. Bei den Zentralamerika- und Karibikspielen in Barranquilla landete Kuba im Medaillenspiegel sogar hinter Mexiko.

Selbst Kubas Baseballteam, das früher bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften Siegerpokale in Serie einsammelte, hat seit Jahren kein großes Turnier mehr gewonnen.

Die Gründe für den Niedergang sind vielfältig. So ist die derzeitige Generation der Spitzensportler in der Mangelwirtschaft Anfang der Neunziger groß geworden. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten fehlte das Geld für die Förderung des Spitzensports.

Die ökonomische Situation hat seit 1989 zudem zu einem gewaltigen Aderlass im kubanischen Sport geführt. Viele Talente und erfolgreiche Boxer, Leichtathleten, Volleyballer, Baseballspieler und andere haben sich in den vergangenen Jahren ins Ausland abgesetzt, um dort ihr sportliches und finanzielles Glück zu suchen, während die chronisch klammen Verbände zu Hause die knappen Ressourcen nur sparsam einsetzen können.

Im beschriebenen Fall kommt ein weiteres Problem hinzu. Mit nur zwei Athleten kann Kuba in Doha auch nicht am Mannschaftswett­bewerb der Titelkämpfe teilnehmen. Damit besteht auch keine Chance, sich für die Teamkonkurrenz der Weltmeisterschaften im kommenden Jahr in Stuttgart zu qualifizieren, die wiederum als Vorausscheidung für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio fungieren.

»Auf den ersten Blick scheint das ein unwichtiges Detail in den Diskussionen über die Teilnahme unserer Turner zu sein, schließlich haben wir nie erstklassige Ergebnisse bei Mannschaftswettbewerben erzielt«, kommentierte die Journalistin Aliet Arzola Lima vom Online-Portal OnCuba die Entscheidung. »Aber wir hatten in der Vergangenheit auch nie eine Auswahl, die so gut besetzt war – mit derzeit zwei Turnern, die zu den 15 besten der Welt gehören und die von einer talentierten Mannschaft unterstützt werden, mit Optionen in den Einzelwett­bewerben.« Die WM-Teilnahme sei für die Athleten der zweiten Reihe die einmalige Chance, sich auf höchstem Niveau zu beweisen.

»Die Priorität liegt derzeit nicht auf der Qualifikation im Mannschaftswettbewerb, wenn wir unser erreichtes Niveau und die inter­national vorherrschende Qualität in Rechnung stellen«, so der Turnverband in seiner Erklärung. »Wir würden gern alle Veranstaltungen mit ­allen unseren besten Turnern besuchen, aber wirtschaftlich ist es unmöglich. Diese kleine und unter der US-Blockade leidende Insel, ihre ­Bevölkerung und die Regierung bemühen sich sehr, weiterhin gute ­Ergebnisse im Sport zu ermöglichen, aber sie können nicht mehr ­ausgeben, als sie haben.«