Geflüchtete in Paris

Protest der Papierlosen

Seite 5 – Arbeiten ohne Papiere
Reportage Von

In einem ruhigen Wohnviertel im 11. Arrondissement wartet Aziza Achour im Hinterhof eines kleinen Hauses an der Tür. Sie ist langjährige Mitarbeiterin der Nichtregierungsorganisation Droits devant, in der sich Menschen in Wohnungsnot und sans papiers im Kampf um ihre Rechte zusammengeschlossen haben. Auf dem Tisch liegen ein Stapel Akten und Papiere mit Stempeln drauf. Ihr gegenüber sitzt ein Senegalese, der am Vortag auf dem Weg zur Arbeit festgenommen wurde. Er hat die Nacht in der Zelle verbracht, wirkt müde und beunruhigt. Ständig klingelt Achours Telefon, häufig sind es Menschen, die festgenommen wurden. Doch sie lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, gibt geduldig Auskunft und verspricht, Faxe an die Polizei zu schicken.

Improvisierter Imbisswagen.

Bild:
Astrid Schäfers

Der Senegalese stellt Achour noch eine Frage und geht. »Er wurde gestern Morgen um 7.30 Uhr bei einer großen Polizeikontrolle an einer Metrostation festgenommen, auf dem Weg zur Arbeit«, erzählt sie. »Die Polizei und die Staatsanwaltschaft wissen ganz genau, dass um sieben Uhr nur sans papiers an der Metrostation warten; sie sind die ersten, die zur Arbeit gehen. Dieser Senegalese arbeitet in einem Restaurant. Er hat keine Aufenthaltsgenehmigung, aber er arbeitet und sein Arbeitgeber hat ihn offiziell als Arbeitsnehmer gemeldet.« Der Mann erfülle die Bedingungen für eine Legalisierung, so Achour: »Das heißt, er ist seit drei Jahren in Frankreich, arbeitet Vollzeit, verfügt über 24 Gehaltsbescheinigungen und einen unbefristeten Vertrag.« Als der Senegalese Achour anrief, schickte sie ein Fax mit seinem Arbeitsvertrag an die Polizei und die Staatsanwaltschaft. Daraufhin entschied der Richter, ihn freizulassen.

Vor einigen Jahren erließ die französische Regierung noch ministerielle Rundschreiben, sogenannte circulaires, die die Legalisierung von Personen ­ermöglichen, die bestimmte Bedingungen erfüllen. Das jüngste ministerielle Rundschreiben wurde 2012 vom damaligen Innenminister Manuel Valls erlassen. Es zielt darauf ab, Schwarz­arbeit einzudämmen: Menschen, die arbeiten, aber keine Aufenthaltsgenehmigung haben, können eine bekommen, sofern sie bestimmte, sehr hohe Anforderungen erfüllen.