Autonomes Zentrum vor dem Aus

»Es wäre ein dramatischer Verlust«

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Interview Von

Gibt es Kontakte zwischen den unter­schiedlichen Kämpfen wie Mieterinitiativen und Basisgewerkschaften in Poznań?
Kowalski: Man muss sagen, dass die linke Bewegung jenseits der Sozial­demokratie in Polen sehr klein ist und Aktivisten zwangsläufig in den wenigen verbliebenen linken Zentren nicht nur in Kontakt miteinander treten, sondern auch aufeinander angewiesen sind. Häufig haben sich Aktive deshalb nicht nur auf ein Thema spezialisiert, sondern sind in unterschiedlichen ­Bereichen tätig. Rozbrat ist ein Paradebeispiel dafür. Eine Basisgewerkschaft wie die IP unterstützt beispielsweise nicht nur Kämpfe im gewerkschaft­lichen Bereich, sondern engagiert sich auch für sozialen Feminismus, Antifaschismus und Klimagerechtigkeit.

Haben Linke in Poznań Probleme mit Rechten und Neonazis?
Kowalski: Abgesehen von der national-konservativen Regierung (gebildet von der Partei Prawo i Sprawiedliwość, Recht und Gerechtigkeit, PiS, Anm. d. Red.) und ihrer Mehrheit im Parlament, tritt der außerparlamentarische Teil der extremen Rechten wesentlich aggressiver als früher in Erscheinung. Das äußert sich darin, dass nicht nur Veranstaltungen dieses Milieus zugenommen haben, sondern auch gewalttätige Angriffe, wie zuletzt im Juli im ostpolnischen Białystok auf eine LGBTIQ-Demonstration. Das Rozbrat war immer wieder Ziel von neofaschistischen Angriffen, die aber erfolgreich abgewehrt werden konnten. Es ist zu befürchten, dass diese Bedrohung nicht kleiner wird. Im Oktober sind Parlamentswahlen. Auch wenn nicht damit zu rechnen ist, dass die extreme Rechte den Einzug ins Parlament schafft, wird das nicht zur Beruhigung der Lage führen, sondern dazu, dass die Rechten ihre Aktivitäten im militanten Bereich fortsetzen.


Marek Jakubowski und Stanislaw Kowalski haben die Gruppe Postkom gegründet und organisieren seit 2012 Veranstaltungen über die außerparlamentarische Linke in Polen. Am 2. September ist vor dem Polnischen Institut in Berlin eine Kundgebung für das von der Räumung bedrohte autonome Zentrum »Rozbrat« im polnischen Poznań geplant, die die beiden organisieren. Da sie in antifaschistischen Gruppen tätig sind, wollen sie nicht abgebildet werden.