»The Competition«, das neue Album von Lower Dens

Selbstliebe statt Selbstmitleid

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Die erste Single des Albums, »Young Republicans«, behandelt, wie der Titel bereits andeutet, die politische Situation in den USA. Das geradezu euphorische, leichtfüßige Tanzflächen­stück beschreibt sarkastisch aus rechtskonservativer Sicht die gesellschaftlichen Ausschlussmodi, die noch verstärkt werden sollen: »The doors are locked, the curtains drawn/Our silken gloves and bonnets on/You cannot pass/This is all for us.« Als Resultat entschieden sich diverse US-Radiosender, dass die höchst radio­taugliche Nummer zu »kontrovers« für ihr Programm sei. Im Gespräch mit dem Blog Audiofemme erläuterte Hunter bereits vor zwei Jahren, wie die scharfe Rechtsentwicklung unter der Präsidentschaft Donald Trumps eben nicht nur Wut befördert, sondern die eventuell unerfreuliche Gelegenheit bietet, über die eigene Tendenz zur Feigheit nachzudenken. Jana Hunter nimmt sich davon nicht aus, wie er ohnehin, nicht zuletzt vor dem Hintergrund seiner Geschlechts­identität, die Verbindung von individuellem Selbstverständnis und po­litischem Handeln betont.

Szenen wie von David Lynch. Jana Hunter als hippe Strandfigur.

Bild:
Torso

Jana Hunter definiert sich bis zuletzt als nichtbinäre, genderfluide Person, so dass auch das englischsprachige Infomaterial zum Album »they« beziehungsweise »them« als übliche genderneutrale Personalpronomen verwendet. Im Deutschen gibt es aber bis heute keinen vergleichbar etablierten Umgang, wenn man etwa über Intersexuelle in der dritten Person Singular sprechen möchte. Das inzwischen als dritte Option in die Verwaltungssprache eingeführte »divers« ist zudem ein recht unbeholfener Begriff, da das Wort eher die Varianz einer Person – etwa »diverse Talente« oder gar eine »gespaltene Persönlichkeit« – betont, anstatt deren Identität als eben nichtbinäre Person.

Vereinzelt hatte Hunter bereits in der Vergangenheit in Artikeln über die Lower Dens die männliche Form für seine Person verwenden lassen. Im Zuge seiner weiteren Transition hat er vor wenigen Wochen nun jedoch auch grundsätzlich – gewohnt lakonisch – auf der Facebook-Bandseite darauf hingewiesen, dass »im Übrigen alle (beiden) Bandmitglieder männliche Pronomen für sich verwenden«. Die Gesangsstimme hat sich bisher nicht merklich verändert, er singt weiterhin in tiefer, variabler Altlage. Allerdings ist auffällig, dass er offenkundig an seiner Gesangstechnik gearbeitet hat. Des öfteren heben sich in den Songs virtuose, beiläufige Vibratomodulationen, wie aus dem R ’n’ B bekannt, von dem bisweilen stoischen, nicht weniger markanten Gesangsstil ab, den man von Hunter gewohnt ist, so auch bei den gut gewählten abschließenden Songs auf »The Competition«.