»The Competition«, das neue Album von Lower Dens

Selbstliebe statt Selbstmitleid

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Die von einem wuchtigen Basslauf getragene Elektropop-Nummer »Lucky People« ist ein so persönliches wie allgemeingültiges Lied über (Selbst-)Liebe. Darin zitiert der Sänger an einer Stelle mit einem Augenzwinkern Melodie und Text aus Chris Isaacs Kuschelrock-Klassiker »Wicked Game«, nur dass Hunter hier über das Verhältnis zu sich selbst singt: »I never thought I’d meet somebody like me«. Und weiter: »Somebody so good they could make me feel safe in my skin.« Das »they« verweist gewiss auf Hunters nichtbinäre Identität. Was er im großen Unterschied zu Isaac wiederum nicht singt, ist das in dessen Schmonzette ständig wiederholte, eher selbstmitleidige »This girl is only gonna break your heart«. In Hunters Song geht es auf eine gänzlich andere Weise darum, sich selbst wertzuschätzen und zu beschützen, und er spielt nochmal auf das »Wicked Game« an, wenn er die von außen herangetragene Abwertung durch (Selbst-)Liebe fernzuhalten versucht: »In love we save ourselves/from very wicked people.«

Jana Hunter als machistischer Draufgänger.

Bild:
Torso

Das letzte Stück »In Your House« könnte wiederum aus der Feder von Cat Power stammen, eine soulig jazzige Piano-Ballade, bei der Hunters Stimme erneut stark zur Geltung ­gelangt, umspielt von einer verträumten Waldhorn-Melodie. Darin zieht er ein versöhnliches, wenngleich nicht sorgenfreies Resümee: »You are heavy and you carry the weight of ­living/That’s what beauty is«. Diese Schönheit transportiert sich auch über die intensivenund dennoch leichten Gesangsverse auf dem Album. Die Balladen – »The Real Thing« ist ebenso eindrücklich wie »In Your House« – stechen ein wenig heraus. Bei manchen der Disco-Stücke, zum Beispiel »Simple Life«, hätte ein minimalistischeres Arrangement den Reiz etwas erhöhen können, gerade im Vergleich mit den für Reduktion und Verlangsamung bekannten Italo-Disco-Erneuerern, den Chromatics.

Ob Disco oder Slow Dance, es handelt sich bei »The Competition« in jedem Fall um ein Album für die Nacht – Nacht verstanden als Versuch, sich den Kontroll- und Verwertungsmechanismen des Tages zu entziehen. Auf der zweiten Single »I Drive« bringt Hunter dies auf den Punkt: »We live as instructed/Talk is cheap/And everyone’s police/I drive at night.« Das Fazit, das daraus zu ziehen wäre, kann nur sein: Weder Liebe noch Lebensweisen sollten Wettbewerb oder Fremdbestimmung unterworfen sein.

Lower Dens: The Competition (Ribbon ­Music)