Krav Maga im Selbstversuch

Süße Träume in Tel Aviv

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Dannenberg und Nakash demons­trieren einige Angriffsszenarien. Ein frontaler Fußtritt in den Unterleib des Angreifers oder bei kürzerer Entfernung ein Stoß mit dem Knie sorgt für den initialen Schmerz. Der Angreifer beugt sich kurz nach vorne. Das ist der Moment für den »Hammer«, wie Nakash den heftigen Faustschlag ins Genick nennt. »Danach Gute Nacht«, sagt der Profiboxer mit dem Spitznamen »Sweet Dreams« und lacht. »Tot?« fragt die Geschäftsführerin der Jungle World besorgt. »Nein, nein«, winkt Nakash ab, »er schläft nur.«

Mit Anlauf in die Weichteile. Wer zögert, hat verloren.

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Archiv 2. Juni

In der Tat ist für die kurze Abfolge von Schlägen, Tritten, Stößen kaum Technik nötig. Beinarbeit oder Abwehr sind kein Thema – es geht um Schnelligkeit und den Überraschungseffekt. Viele Techniken basieren auf Schlägen, Tritten und Hebeln mit Handballen, Ellbogen oder Knien. Das empfundene Erfolgserlebnis stellt sich umgehend ein, als unsere kleine Trainingsgruppe auf die große Pratze eindrischt. Doch übermütig solle man nicht werden, warnt Nakash. Der 1,78 Meter große Athlet hat Oberarme, so dick wie Hydranten. Das Portal »Internet Index of Tough Jews« berichtet, er habe ein riesiges Davidstern-Tattoo auf seinem Rücken. Fast zärtlich legt er seine Hand auf das Schlüsselbein der Redakteurin und drückt sanft zu. Man dürfe sich nie ganz sicher fühlen, sagt er und klappt blitzschnell seine Fingerspitzen um, so dass sie sich ohne viel Kraft, aber schmerzhaft unter den Kehlkopf bohren.

Die Ursprünge des Krav Maga gehen auf den 1910 in Budapest geborenen Imrich Lichtenfeld zurück, der in Bratislava aufwuchs. Lichtenfeld war als Boxer und Ringer erfolgreich und hatte von seinem Vater einige Jiu-Jitsu-­Techniken gelernt. In den dreißiger Jahren brachte Lichtenfeld seine selbst entwickelte Kampfmethode seinen jüdischen Freunden bei, um sich gegen antisemitische Übergriffe zu schützen. Lichtenfeld verließ die Slowakei 1940 und kam 1942 nach Palästina. Dort unterrichtete er in den zionistischen Untergrundorganisationen Haganah und Palmach. Nach Gründung des Staates Israel 1948 wurde Lichtenfeld Nahkampfausbilder in der Armee. Im August 1971 gab Lichtenfeld den ersten zivilen Krav-Maga-Kurs in seinem Trainingsclub in Netanya.