Eine Amtsenthebung Trumps kann nur mit Stimmen der Republikaner ­gelingen

Nur ein kleiner Gefallen

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Der Whistleblower wirft der US-Regierung vor, der Ukraine 400 Millionen Dollar an Militärhilfe, die der Kongress bereits genehmigt hatte, bis auf weiteres vorzuenthalten. Der demokratische Kongressabgeordnete Adam Schiff aus Kalifornien sprach in diesem Zusammenhang von einer »typischen Mafiamethode«. Dennoch argumentiert der Juraprofessor Jonathan Turley von der Georgetown University, dass dem Protokoll des Telefonats ein entscheidendes Element fehle, nämlich das Versprechen eines klaren quid pro quo. Ob das für ein Amtsenthebungsverfahren allerdings wirklich notwendig ist, ist umstritten. Pelosi, die als Fraktionschefin der Demokraten im Repräsentantenhaus auch die Funktion einer Parteivorsitzenden ausübt, sagte der Presse, es sei schlimm genug, dass ein Präsident sein Amt derart missbrauche. Monatelang hatte sich Pelosi gegen ein Impeachment gestellt, doch nun ist der Druck zu groß geworden. Der Bericht des Whistleblowers, der am 26. September öffentlich wurde, lässt keine Zweifel. Selbst einige Republikaner schienen nach der Lektüre besorgt. Obwohl sich der Bericht ausschließlich auf Quellen aus zweiter Hand stützt, deutet er klar auf Erpressungsversuche hin.

Der Präsident macht sich, wie immer, kaum die Mühe, das alles zu dementieren. »Ist doch völlig egal, was ich gesagt habe«, sagte er am Freitag vergangener Woche im Oval Office bei einem Auftritt mit dem australischen Premierminister. »Jemand sollte wirklich Joe Biden untersuchen.«
Dennoch ist ein Amtsenthebungsverfahren riskant. Umfragen zufolge sind sich auch gegen Trump kritisch eingestellte US-Bürgerinnen und -Bürger in dieser Frage uneinig. Viele fürchten, dass ein solcher Prozess die Unterstützung für Trump nur weiter festigen könnte. Zwar hat die Republikanische Partei in den ersten 24 Stunden nach der Ankündigung der Ermittlung mehr als eine Million Dollar an Spendengeldern für Trumps Wiederwahl sammeln können, aber neue Fans wird der Präsident mit der Impeachment-Debatte wohl kaum gewinnen. Am Wochenende veröffentlichte er eine Serie wütender Twitter-Botschaften und ein Video, in dem er den Whistleblower und dessen Informanten scharf angreift. Deren Verhalten grenze an Spionage. Das werde »große Konsequenzen« haben, schrieb er.

Die nächste Präsidentschaftswahl steht in knapp 14 Monaten an. Den ­Demokraten bleibt nicht viel Zeit. Nun hat Pelosi einige Komitees der Demokraten angewiesen, die Untersuchungen gegen Trump »unter einem Dach« zu bündeln. Noch scheint es, als wolle sie das Verfahren auf den Ukraine-Skandal begrenzen, denn hier haben es die Demokraten mit leicht verständlichen und vermittelbaren Sachverhalten wie Erpressung, Amtsmissbrauch und Gefährdung der nationalen Sicherheit zu tun. Weitere Schritte hat Pelosi noch nicht angekündigt. Zunächst müssen Fakten gesammelt werden, erst danach können dem Kongress Anklagepunkte vorgelegt werden. Diese kann das Repräsentantenhaus mit einer einfachen Mehrheit ­abnehmen. Doch eine Amtsenthebung erfordert eine Zweidrittelmehrheit im Senat.