Wenn Linke die Heimatliebe entdecken

Twittern gegen Deutschland

Das Medium Von

Es ist Montag, 14.47 Uhr, und auf Twitter tobt eine große Ost/West-Debatte. Warum sie das tut, ist nicht interessant, was im Einzelnen dazu beigetragen wird, auch nicht, weil es sich hauptsächlich um verletzte Gefühle dreht.

Und um Heimatliebe. Heimatliebe, so dachte man immer, ist dieses Dings, was Leute entwickeln, die zu lange in den Alpen leben oder zu oft dort Urlaub machen oder zu viele Filme mit Frauen, die Dirndl, und Männern, die Lederhosen tragen, gesehen haben. Und sich nach reiner Natur und frischer Luft und gesundem – hoppela, das waren ja eigentlich die Grünen, hmmm, jedenfalls, die sich nach Dorfidylle mit Blasmusik und Herzchendekoration verzehren.

Pustekuchen. Wie sich gerade eben auf Twitter zeigt (es ist nun 15.11 Uhr und diese Kolumne wird nicht etwa sehr langsam geschrieben, sondern das Schreiben muss öfter unterbrochen werden, um die neuesten Entwicklungen in der Diskussion nachzulesen): Heimatliebe ist tatsächlich etwas, das auch Linke befallen kann. Die DDR wird dort drüben beim Kurznachrichtendienst nämlich gerade als wahre echte Heimat geliebt und geherzt und verherrlicht, wie es nicht mal dem Drehbuchautor von »Sissi« in den Sinn gekommen wäre. Zu Westdeutschland a.k.a. der Bundesrepublik gäbe es natürlich auch viel zu sagen, vor allem, dass das nunmehrige Gesamtdeutschland ein anderes Land ist, und dass die alte BRD nicht ganz so trottelig war wie dieses neue Land. Das muss aber an westlicher Heimatliebe auch schon reichen, auch wenn man diese sogenannte Wiedervereinigung gar nicht verstanden hat, damals. Warum aus zwei eigenständigen Ländern eines werden sollte, bloß weil alle dort irgendwie deutsch sprechen, war nicht so wirklich nachvollziehbar. Aber das wird jetzt erst mal auf Twitter erzählt, das weitere Tagesziel lautet nämlich: So lange twittern, bis alle Follower weg sind. Ha!