Eine Rezension des Buches »Urbane Konflikte und die Krise der Demokratie«

Bewegte Bürger

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Im Rahmen des Forschungsprojekts »Populismus und Demokratie in der Stadt« (Podesta) haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersucht, wie rechte Bewegungen Konflikte in der Stadtgesellschaft ausnutzen. Die Tübinger Wissenschaftlerinnen Anne Burkhardt und Luzia Sievi widmeten sich den Protesten gegen das Verbot, mit Dieselfahrzeugen in Stuttgarter Innenstadt zu fahren, die Anfang 2019 auch überregional für Aufsehen sorgten. Burkhardt argumentiert, die Proteste hätten eine politische Dimension besessen, so dass sie von rechts ausgenutzt werden konnten. Ihrem Selbstverständnis nach verteidigten die Demonstranten den Wirtschaftsstandort Deutschland gegen angebliche Schwarzmalerei der Umweltbewegung und des linksgrünen Lagers und übernahmen damit teilweise ein von Rechten propagiertes Feindbild.

Das Team der Soziologin Gisela Mackenroth analysiert, wie ein Mietkonflikt im Stuttgarter Stadtteil Hallschlag eskalierte. Geflüchtete, die 2015 dort untergebracht worden waren, wurden von einigen der langjährigen Bewohner rassistisch angefeindet. Der Verlust von Freiräumen im Stadtteil sei eine der Ursachen für den Konflikt, schreibt Mackenroth: »Als Ort, an dem sich die heterogene Nachbarschaft zusammenfindet, sind die Räume verlorengegangen und haben Platz gemacht für rechte Anfeindungen.«

In einem weiteren Kapitel wird der Kampf um den Erhalt eines Garagenhofs in Leipzig untersucht, der von der AfD unterstützt wurde. Das Team um den Soziologen Peter Bescherer beschreibt die Probleme einer Initiative des Netzwerks »Leipzig – Stadt für alle«, die im Stadtteil Schönefeld-Abtnaundorf eine solidarische Mieterorganisation aufbauen wollte und sich nicht von rechts vereinnahmt lässt.

Peter Bescherer, Anne Burkhardt, Robert Feustel, Gisela Mackenroth, Luzia Sievi: Urbane Konflikte und die Krise der Demokratie. Stadtentwicklung, Rechtsruck und Soziale Bewegungen. Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2021, 246 Seiten, 28 Euro