»Deportation Alarm« veröffentlicht die Namen von Fluglinien, die Abschiebungen vornehmen

Flieg nicht mit mir

Diese Woche ging eine Website online, die Abschiebeflüge aus Deutsch­land und die an ihnen beteiligten Fluglinien dokumentiert. Solche Daten werden von staatlicher Seite nicht herausgegeben, um öffentliche Kritik an den Fluglinien zu verhindern.

Vor zwei Jahren begann die deutsche Bundesregierung damit, die Namen von Fluggesellschaften zu verschweigen, zu deren Geschäftsfeldern Sammelabschiebungen aus Deutschland gehören. Als Begründung gab sie voriges Jahr in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der Linkspartei an, dass dies »sowohl zur Wahrung von Staatswohlinteressen als auch zur Wahrung berechtigter, grundrechtlich geschützter Interessen der betroffenen Fluggesellschaften notwendig« sei. Man befürchte, dass eine Veröffentlichung »sich gegebenenfalls negativ auf die Wahrnehmung dieser Flug­gesellschaften in der Öffentlichkeit auswirken« könne. Die Gefahr sei dann, dass die »Fluggesellschaften, die Rückführungsflüge anbieten«, öffent­licher Kritik ausgesetzt wären und »in der Folge für die Beförderung von ­ausreisepflichtigen Personen in die Heimatländer nicht mehr zur Ver­fügung stehen«.

Damit würden die Rückführungen erschwert oder »sogar nicht mehr ermöglicht, so dass staatliche Interessen an der Ausführung des Aufenthaltsgesetzes negativ beeinträchtigt werden«. Genau dieses Ziel haben sich antirassistische Aktivisten gesetzt. Das Projekt »Deportation Alarm« möchte nach eigenen Angaben die Beteiligung von 18 Fluggesellschaften am deutschen Abschiebegeschäft skandalisieren. Im Rahmen ihrer Kampagne soll deshalb die breite Öffentlichkeit für das brutale Geschäftsmodell sensibilisiert werden. Das Ziel ist, dass sich die Fluggesellschaften dazu verpflichten, keine Abschiebeflüge mehr vorzunehmen. In Großbritannien gelang dies Anfang dieses Jahres mit der Fluggesellschaft Tui, die zuvor die meisten Abschiebeflüge aller Gesellschaften aus dem Land übernommen hatte.

Die in Deutschland im Abschiebegeschäft tätigen Fluglinien sollen aus Sicht der Kampagne ebenfalls zur Verantwortung gezogen werden. Zu diesem Zweck werden auf der Internetseite der Initiative die Daten jeder Flug­gesellschaft, die im vergangenen Jahr Charterabschiebungen aus Deutschland durchgeführt hat, gesammelt und aufbereitet. Neben der Anzahl der Flüge, der Gesamtzahl abgeschobener Personen und der finanziellen Ausgaben Deutschlands für die Abschiebungen sind auch die jeweiligen Flughäfen, von denen aus die Flüge starten, auf der Website aufgeführt.

Die Aktivisten stellen Informationen über 206 Charterflüge bereit, bei denen im vorigen Jahr mindestens 5 484 Menschen abgeschoben wurden. Die ­finanziellen Ausgaben für die Abschiebeflüge sollen sich dabei auf über 22 Millionen Euro belaufen. Die Informationen basieren den Aktivisten zufolge auf öffentlich zugänglichen Flugdaten. Mit Hilfe eines Algorithmus wurden die Abschiebeflüge identifiziert. Zum Abgleich ziehen die Aktivisten die Antworten der Bundesregierung auf parlamentarischen Anfragen hinzu. Bei ihrem Monitoring von Flügen in Echtzeit übersah die Initiative nach eigenen Angaben nur zwei von 206 Flügen. Die Identifikation der Fluggesellschaften, die Sammelabschiebungen durchführen, wird ebenfalls auf diese Art evaluiert.

Darüber hinaus veröffentlicht »Deportation Alarm« auch weitere Details zu den beteiligten Fluggesellschaften. So zum Beispiel verdient die von den Fußballbundesligisten Hertha BSC, Union Berlin und VfL Wolfsburg für Flugreisen genutzte Charterfluggesellschaft German Airways unter anderem auch mit Abschiebeflügen ihr Geld, genauso wie die beiden Fluggesellschaften, mit denen die beiden spanischen Spitzenvereine FC Sevilla und Atlético Madrid reisen.

Die Veröffentlichung der Website wird begleitet von einer europaweiten Online-Aktion gegen jene Fluggesellschaften, die sich am Abschiebegeschäft beteiligen. Aktivisten aus Deutschland, Spanien, dem Vereinigten Königreich, Österreich und weiteren Ländern, die Fluggesellschaften mit Abschiebungen beauftragen, stellen die an diesem Geschäft beteiligten Unternehmen in den sozialen Medien zur Rede.