Ein Gespräch mit der Politikerin Nuran Yüce über die Positionen der türkischen Linken

»Die Machthaber müssen endlich abtreten«

Ein breites Oppositionsbündnis hat sich zusammengetan, um Recep Tayyip Erdoğan zu entmachten. Dazu gehört auch die linke Parteienkoalition »Bündnis für Arbeit und Freiheit«. Nuran Yüce von der Devrimci Sosyalist İşçi Partisi (Revolutionäre Sozialistische Arbeiterpartei, DSİP) spricht im Interview über den Kampf gegen Erdoğans autoritäre Herrschaft und Konflikte in der Opposition.
Interview Von

Wie ist die Atmosphäre vor diesen entscheidenden Wahlen?

Aggressiv. Der Verteidigungsminister Hulusi Akar sagte bei einer Rede in Kayseri: »Sie werden bald an der Reihe sein«, nachdem die Zuhörer sich in Sprechchören ereifert hatten: »Wir knallen sie ab und wir sterben dafür auch für unser Land.« Mit »sie« war die Opposition gemeint. Kurz danach raunte der Innenminister Süleyman Soylu, dass am 14. Mai ein Staatsstreich drohe. So spricht er über die Wahlen. Präsident Erdoğan meldete sich anschließend zu Wort: »Unsere Nation wird nicht erlauben, dass diejenigen, die mit der Unterstützung Kandils an die Macht kommen wollen, ihr Ziel erreichen.« In den Kandil-Bergen des Nordirak befindet sich das Hauptquartier der PKK.

»Falls Kemal Kılıçdaroğlu, den wir jetzt unterstützen, gewählt werden sollte, werden wir ihm keine Atempause gönnen.«

Dann lassen sie juristische Berater auftreten, die fabulieren, dass ein Land auf dem Weg in die »nationale Unabhängigkeit« keinen Machtwechsel zulasse. Die AKP suggeriert unaufhörlich Gefahren für die Türkei, um staatsstreichähnliche undemokratische Maßnahmen zu rechtfertigen.

Sind das nur Drohgebärden?

Heftige Drohungen, die auf realer Repression fußen. Die Kriminalisierung der Opposition stützt sich auf ein System der Korruption, des Machtmissbrauchs und der Instrumentalisierung der Justiz. Die Regierung weiß, dass es genug Gründe gäbe, sie schon morgen anzuklagen und juristisch zu belangen. Dementsprechend demonstrieren ihre Mitglieder Macht, wissen aber genau, dass es ernste Probleme geben wird, wenn sie die Wahlen manipulieren oder versuchen sollten, sie nicht anzuerkennen.

Welche Probleme denn?

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