Der brasilianische Anwalt und Präsidentenvertraute, Cristiano Zanin, wird Richter am Obersten Gericht

Ein Anwalt für alle Fälle

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Der Oberste Gerichtshof Brasiliens bekommt einen umstrittenen Neuzugang: Der Jurist Cristiano Zanin Martins wurde nach einer achtstündigen Befragung vergangene Woche vom Senat als neuer Richter bestimmt.

Die Entscheidung erntete prompt Kritik von der Anhängerschaft des ehemaligen rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro. Grund dafür war Zanins persönliche Nähe zu Präsident Luiz Inácio »Lula« da Silva, den er als Verteidiger seit 2013 gegen Korruptionsvorwürfe vor Gericht vertreten hatte – zunächst ohne Erfolg. Lula verbüßte von 2018 bis 2019 eine Haftstrafe, die ihn von der Präsidentschaftswahl 2018 ausschloss, die Bolsonaro gewann. 2021 erreichte ­Zanin die Annullierung des Urteils aufgrund von Verfahrensfehlern und ebnete damit den Weg für Lulas Rückkehr an die Staatsspitze. Als kürzlich der als liberal geltende Oberste Richter Ricardo Lewandowski in den Ruhestand ging, empfahl Lula dem Senat seinen ehemaligen Anwalt als Nachfolger.

Bolsonaro-Anhänger werfen Lula vor, das Oberste Gericht mit ihm wohl­gesinnten Richtern zu besetzen.

Bolsonaro-Anhänger werfen Lula nun vor, das Oberste Gericht mit ihm wohl­gesinnten Richtern zu besetzen. Aber nicht nur Rechte und Gegner des Präsidenten kritisieren die Ernennung Zanins. Auch manche Linke – und Mitglieder der Regierung – haben Vorbehalte, denn die politischen Positionen Zanins gelten als ziemlich undurchsichtig. Wie er künftig bei kritischen Themen wie Arbeitsrecht und Steuerrecht entscheiden wird, ist nicht absehbar. Allerdings sagte Zanin, er werde sich für Pressefreiheit und LGBT-Rechte einsetzen.

Der brasilianische Rechtsprofessor Wallace Corbo hält Zanin für einen Glücksgriff. Er habe mit der schwierigen Verteidigung Lulas seine juristischen Kenntnisse unter Beweis gestellt. Nun sei er einer der bekanntesten Anwälte des Landes und es gebe »keine Tatsache, die ihn diskreditiert«.