Das Interieur der »dritten Generation« der RAF – eine Stilkritik

Meine Güte, RAF!

So formvollendet deprimierend wie auf dem von der Polizei kürzlich veröffentlichten Terroristenfahndungsbild wurde das linke Wohnelend in Kleinstadt-WGs und Metropolen-Wohnprojekten der Endsiebziger/Anfangachtziger noch nie in ­Szene gesetzt.
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Vielleicht ist es dieses lila-hellblau-orange-türkis gemusterte Dings, für das es außer »Meine Güte« keine wirklich passende Bezeichnung gibt. Für eine Decke zu leicht, für ein Tischtuch zu krumpelig, besteht seine Bestimmung darin, über ein Sofa geworfen zu werden und so auszu­sehen, als sei es dessen Bezug.

Was natürlich nie gelingt, denn das Dings ist immer etwas zu kurz oder zu schmal. Oder vielleicht sind es die Vorhänge, die rechts und links am Fenster hinter der Couch herumbaumeln und eher nach verblichener Ikea-Bettwäsche denn nach Rideau aussehen. Oder es ist der Mann, der einen womöglich aus der Serie »Wildrose« von Villeroy & Boch entstammenden Teller voller nur notdürftig mit rotem Saucenähnlichem in Kontakt gekommenen Spirelli in beiden Händen balanciert.

Man brauchte gar nicht erst zu sehen, wie es bei solchen Leuten zu Hause aussah, um genau zu wissen, was von ihnen zu erwarten war.

So formvollendet deprimierend wurde das linke Wohnelend in Kleinstadt-WGs und Metropolen-Wohnprojekten der Endsiebziger/Anfangachtziger jedenfalls noch nie in ­Szene gesetzt. Nur eben, dass die Bewohner solcher Buden in aller Regel noch nicht sehr lange volljährig waren und mit der aufregenden neuen Freiheit und ihrem wenigen Geld Besseres anzufangen wussten, als für ein zumindest nicht niederschmetternd wirkendes Interieur zu sorgen.

Immerhin, damals brauchte man gar nicht erst zu sehen, wie es bei solchen Leuten zu Hause aussah, um genau zu wissen, was von ihnen zu erwarten war. Männer dieser Kate­gorie sagten gern: »Dein natürliches Gesicht ohne die ganze Schminke wäre viel schöner«, während sie einem den Arm um die Schultern legten und es irgendwie immer schafften, dabei ganz zufällig mit der Hand auf dem Busen zu landen.

Frauen verkündeten dagegen am liebsten verächtlich, dass man sich mit Lippenstift zum Sexualobjekt mache, und versuchten einem beim Tanzen mit ihrem klobigem Schuhwerk auf die Pumps zu treten. Und wenn sie alle damit fertig waren, gingen sie zu Demonstrationen gegen Israel und brüllten dort abscheuliche Slogans. Doch, das gab es damals schon.

Viel hat sich seither erkennbar nicht geändert, jedenfalls für diese Leute von der dritten Generation nicht. Was sie mit dem vielen erbeuteten Geld angefangen haben, man möchte es jedenfalls nicht wissen.