Sonntag, 18.02.2018 / 11:54 Uhr

Eine palästinensische Tragödie, über die niemand berichtet

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Khlaed Abu Toameh über Jarmuk:

Ein palästinensisches Flüchtlingslager befindet sich seit über 1.660 Tagen im Belagerungszustand. Hunderte Lagerbewohner wurden getötet, Zehntausende waren gezwungen, aus ihren Häusern zu fliehen. Diejenigen, die im Lager blieben – in erster Linie alte Menschen, Frauen und Kinder – leben unter unbeschreiblichen Hygienebedingungen und sind gezwungen, verunreinigtes Wasser zu trinken. Über 200 Palästinenser aus dem Lager, das seit 2013 belagert wird, starben aufgrund von Nahrungsmangel oder fehlender medizinischer Versorgung. Die Bedingungen im Flüchtlingslager sind in jeder Hinsicht grauenvoll.

Warum haben die meisten von uns nie etwas von den haarsträubenden „Lebens“-Bedingungen gehört, die in diesem Lager herrschen? Weil es nicht im Westjordanland oder dem Gazastreifen liegt.

Das Lager heisst Jarmuk und es befindet sich rund fünf Meilen entfernt von der syrischen Hauptstadt Damaskus. Mehr als 100.000 Palästinenser lebten 2011 – vor Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien – in dem 2,11 Quadratkilometer großen Lager Jarmuk. Ende 2014 war die Zahl der Bewohner des Flüchtlingslagers auf 13.000 gesunken. Seit 2012 war das Lager Schauplatz intensiver Kämpfe zwischen diversen Parteien: den syrischen Oppositionskräften, der syrischen Armee samt ihrer Verbündeten im Generalkommando der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP-GC) – einer palästinensischen Terrororganisation unter Führung von Ahmed Gibril – sowie dem Islamischen Staat (IS). 2015 gelang es dem IS, trotz der Belagerung durch die syrische Armee und die palästinensische Terrororganisation PFLP-GC, die Kontrolle über große Teile des Lagers von Jarmuk zu übernehmen. Das Leben der palästinensischen Bewohner des Flüchtlingslagers wurde zur reinen Hölle.

Das heißt jedoch nicht, dass die Zustände im Lager vorher gut gewesen wären. Zeitweise bombardierten die syrische Armee und das PFLP-GC Häuser und Schulen mit schwerer Artillerie. Dabei wurden unzählige Bewohner, darunter Frauen und Kinder, getötet. Die syrische Armee und ihr Erfüllungsgehilfe, die palästinensische Terrororganisation, umstellen das Lager von allen Seiten und verhindern so, dass Nahrungsmittel und Medikamente hinein gelangen können. Innerhalb der Lagergrenzen begeht der IS nahezu täglich Gräueltaten an den Bewohnern.

So schleppten zum Beispiel letzte Woche IS-Terroristen zwei palästinensische Männer auf einen öffentlichen Platz und exekutierten sie vor den Augen der fassungslosen Einwohner. Die beiden Männer wurden identifiziert als Ramez Abdullah und Bashar Said. Abdullah wurde in den Kopf geschossen, während man Said in gewohnter IS-Manier die Kehle aufschlitzte. Ein „Gericht“ des IS hatte die beiden Männer der Spionage für das PFLP-GC und Aknaf Beit Al-Makdis („Unterstützer Jerusalems“): eine palästinensische Rebellengruppe, die innerhalb des Lagers von Jarmuk gegen den IS kämpft, für schuldig befunden. Derartige öffentliche Hinrichtungen sind in den Straßen Jarmuks bei weitem nichts Ungewöhnliches.