Samstag, 24.02.2018 / 12:28 Uhr

Mieses Spiel um angeblichen Deniz Yücel-Deal

Von
Thomas von der Osten-Sacken

„Da stellt sich mir die Frage wie viele kurdische Tote uns ein Deutscher Staatsbürger wert ist?!“

So lautet einer von unzähligen Kommentaren, die man gestern und heute in sozialen Medien lesen musste, nachdem bekannt wurde, dass offenbar die deutsche Regierung „zwischen dem 18. Dezember 2017 und dem 24. Januar 2018 31 Genehmigungen erteilt (hatte), wie aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervorgeht, die dem ARD-Hauptstadtstudio auszugsweise vorliegt“. 

Wer deshalb fragt, ob das denn die Freilassung eines deutschen Staatsbürgers wert gewesen sei, spielt nur ein dreckiges Spiel mit, bei dem ausgerechnet Deutschland und seine Rüstungsindustrie am Ende als erpressbare Opfer erscheinen.

Gab es also einen „schmutzigen Deal“? Fragt deshalb etwa die Tagesschau.

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Entsprechend muss der Eindruck entstehen, die Bundesregierung habe sich von Erdogan erpressen lassen und zahle nun für die Freilassung von Deniz Yücel einen hohen Preis. Und auch wenn Yücel nie in einen solchen Deal eingewilligt hat oder eingewilligt hätte, erscheint seine Freilassung nun in einem unguten Licht. „Hey, wie viele Kurden mussten wegen Dir jetzt sterben?“, eine Frage, die er sich sicherlich öfter wird anhören müssen. Jetzt kippen nicht nur die AFD und ihre völkische Anhängerschaft Mistkübel über ihm aus, dank der Anfrage der Linkspartei scheint Yücel zusätzlich irgendwie gar noch die Ursache für weitere Waffenlieferungen an die Türkei.

Nicht könnte falscher sein, denn de facto gab es nie einen umfassenden Lieferungsstopp. Trotz gewisser Einschränkungen wurden, berichtet die Zeit,  an die Türkei „bis Anfang November 2017 Ausfuhren mit einem Gesamtwert von gut 30 Millionen Euro genehmigt“.

Überhaupt wurden in den letzten Jahren aus Deutschland so viele Waffen wie nie zuvor exportiert, viele in so genannte Krisenländer, darunter Algerien, Ägypten, Saudi Arabien und eben die Türkei.

Und ob Rheinmetall, die die türkischen Leopardpanzer modernisieren wollen, oder unzählige andere deutsche Firmen, die Einschränken dürften keineswegs nur auf Begeisterung gestoßen sein. Sollte es also einen Deal gegeben haben, so dürfte der kaum einer Erpressung geglichen haben, wie jetzt der Eindruck entstehen muss. Vielmehr scheint es so, als hätten gewisse Kreise aus Politik und Wirtschaft nur darauf gewartet, endlich die äußerst lukrativen Beziehungen zur Türkei ohne Einschränkungen wieder aufnehmen zu können.

Richtiger also wäre es statt von einem „schmutzigen Deal“ vielmehr von einer Win-Win Situation für die deutsche und türkische Seite zu sprechen, denn die Freilassung von Deniz Yücel erscheint viel mehr als willkommener Anlass endlich die Rüstungskooperation wieder aufzunehmen. So nämlich entsteht der völlig falsche Eindruck Deutschland eben sei irgendwie eine „Friedensmacht“, als die es sich so gerne inszeniert, und nicht etwa einer der weltweit führenden Rüstungsexporteure.

Wenn es also einen Deal gegeben hat – und das ist keineswegs sicher, schließlich exportierte Deutschland auch bis in den November Waffen in die Türkei – so war er aus genau diesem Grund schmutzig, nicht weil Deniz Yücel freigekommen ist, sondern Deutschland sich als Opfer präsentieren kann, das es nicht ist. Den Preis dafür zahlen, wenn, dann Deniz Yücel und Kurden gemeinsam, die von Waffen „Made in Germany“ zu Tode kommen und kommen werden.

Wer deshalb fragt, ob das denn die Freilassung eines deutschen Staatsbürgers wert gewesen sei, spielt nur ein dreckiges Spiel mit, bei dem ausgerechnet Deutschland und seine Rüstungsindustrie am Ende als erpressbare Opfer erscheinen.

Beitrag zuerst erschienen auf Ruhrbarone