Montag, 05.03.2018 / 21:54 Uhr

Tunesien: Kulturkampf um Homosexualität

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Tunesien gilt im Vergleich mit fast allen anderen arabischen Staaten, nur der Libanon stellt eine Ausnahme dar, noch als ein Land, in dem Schwule und Lesben nicht allzu große Verfolgung erleiden. Als 2017 anale Zwangsuntersuchungen abgeschafft wurden, galt dieser Schritt schon als eine Art Meilenstein, in Tunesien erscheint auch das Gay Day Magazine und LGBT Gruppen können einigermaßen frei arbeiten. Homosexueller Verkehr steht allerdings weiterhin unter Strafe.

"Sie kämpfen wirklich, um diese absurden Gesetze loszuwerden und die Mentalität der Tunesier zu verändern."

Und der Staat geht immer wieder repressiv vor:

Das tunesische Kulturministerium hat vergangene Woche die italienisch-amerikanisch-brasilianisch-französische Koproduktion "Call Me By Your Name" verboten. Eine geplante Aufführung in Tunis sei laut AFP abgesagt worden. Weitere Angaben zur Ursache des Verbots machte die Regierung nicht.

Der Filmverleiher Lassaad Goubantini erklärte, das Verbot sei motiviert von der "Thematik des Filmes". Dieses Verbot sei allerdings ein "Angriff auf die Freiheiten". Er erklärte weiter, dass diese Entscheidung der Regierung gegen die Landesverfassung verstoßen würde.

"Call Me By Your Name" handelt von der Liebesbeziehung eines 17-Jährigen (gespielt von Timothée Chalamet) mit einem 24-Jährigen (Armie Hammer) im Italien der Achtzigerjahre

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Das Verbot sorgt in Tunesien für heftige Diskussionen und wird keineswegs unwidersprochen hingenommen. Aus Tunis schreibt in einer email Nourhène, eine 18jährigen Abiturientin, über die Auseinandersetzungen um das Verbot:

Das ist leider die hässliche Wahrheit. Glücklicherweise jedoch spielen sich diese Vorgänge nicht mehr wie früher im Geheimen ab. Jeder hier diskutiert dieses Thema, und die ganze Welt hat jetzt eine Vorstellung vom Kampf dieser Menschen, was ein gutes Zeichen ist. Ich denke, es ist der Beginn einer Veränderung.

Ich bin zwar nicht sicher, aber ich bin doch optimistisch, was die Zukunft der Menschenrechte in Tunesien betrifft, denn die Jugendlichen sind sich bewusst, wie wichtig es ist, die Privatsphäre und Freiheit anderer zu respektieren. Sie kämpfen wirklich, um diese absurden Gesetze loszuwerden und die Mentalität der Tunesier zu verändern.

Wenn in den kommenden Wahlen junge Aktivisten und Politiker mit weltoffenem, aufgeschlossenem Geist und vor allem mit dem Willen zur Veränderung Erfolg haben werden, dann können diese Menschen und alle Menschen vielleicht die Freiheit genießen, die sie wünschen.