Samstag, 15.02.2020 / 14:43 Uhr

Eu-finanziertes Massaker in Syrien verhindern

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Aus dem Netz

Kristin Helberg kommentiert für den Deutschlandfunk die Lage in Syrien:

Aber wohin mit den eineinhalb Millionen Syrern, die an der türkisch-syrischen Grenze im Schneematsch versinken? Assad will sie nicht, Erdogan will sie nicht und Europa schon gar nicht. Diese Menschen – die Hälfte von ihnen Kinder – brauchen Schutz. Bekommen sie ihn nicht, siegt irgendwann die Verzweiflung. Wer Verhaftung und Folter durch Assads Geheimdienste fürchten muss, wird lieber die Grenze stürmen. Eine Grenze, die mit europäischem Geld dicht gemacht wurde. Was, wenn türkische Soldaten dann in die Menge schießen? Ein EU-finanziertes Massaker an Syrern, die wir zum Aufstand gegen Assad ermutigt und dann im Stich gelassen haben, wäre ein neuer Tiefpunkt europäischer Außenpolitik.

Deutschland sollte die am meisten gefährdeten Syrer per Kontingent retten – all jene, deren zivilgesellschaftliches Engagement die Bundesregierung über Jahre gefördert hat. Und Erdogan sollte nur noch bei der Versorgung der Syrer unterstützt werden, nicht beim Grenzschutz. Zumal dem türkischen Präsidenten Idlib zuletzt ziemlich egal war. Statt mit seinen zwölf Beobachterposten dort Zivilisten zu schützen, benutzte Erdogan die von ihm finanzierten Rebellen lieber als Söldner im Kampf gegen die Kurden weiter östlich.

Erst als türkische Soldaten starben, musste er handeln. Jetzt schießt Ankara zurück in der Hoffnung, diese direkte Konfrontation mit Damaskus würde Russland zwingen, eine Waffenruhe auszuhandeln. Tatsächlich ist Putin der Einzige, der den Konflikt zwischen der Türkei und dem syrischen Regime entschärfen könnte – allerdings nur, wenn er Assad in die Schranken weist.

Die liegen entlang der beiden Hauptverkehrsadern der Region: die Autobahn M4 verbindet Aleppo mit der Hauptstadt Damaskus und wird inzwischen fast vollständig vom Regime kontrolliert. Fehlt die Ost-West-Achse M5, die zwischen Aleppo und der Küste verläuft und noch immer durch Oppositionsgebiet führt. Erst wenn sich Assad beide Verkehrsachsen gesichert hat, könnte er einlenken und den Rest der Provinz seinen Gegnern überlassen. Dann müssten die Vertriebenen im Norden Idlibs bleiben, Kanzlerin Merkel hat schon Geld für befestigte Unterkünfte versprochen, und die Dschihadistenmilizen schickt Erdogan nach Libyen. Europa würde das Gebiet als „Schutzzone“ feiern, für die eingesperrten Syrer wäre es ein Freiluftgefängnis.