Mittwoch, 16.12.2020 / 22:12 Uhr

Moria: Wo sind die Spendenmillionen?

Von
Thomas von der Osten-Sacken
f
Das neue Kara Tepe Camp, Bild: Thomas v. der Osten-Sacken

 

Ein neuer Anfang wurde den Flüchtlingen im September versprochen, nachdem das alte Moria Camp abgebrannt war: Im neuen Lager sollte alles andere werden. Und Hilfsorganisationen sammelten Millionen.

Nun stellt sich heraus: Die Verhältnisse sind weiter verheerend, weder Sanitäranlagen noch Drainage funktinionieren und nach den ersten Winterregen stand das Camp unter Wasser, hunderte Zelten nässten völlig durch.

Und das, obwohl Millionen zur Verfügung stehen. Die taz hat sich erkundigt, wer wieviel Geld gesammelt hat und wo es abgeblieben ist:

Die taz hat 18 auf Lesbos aktive Hilfsorganisationen gefragt, wie viele Spenden sie seit dem Brand gesammelt haben und wofür sie diese ausgeben konnten. Neun NGOs antworteten. Sie gaben an, seit dem Brand 5,8 Millionen Euro gesammelt zu haben. Vier Millionen Euro davon sollen bereits für Nothilfe, Notunterkünfte und konkrete Hilfsprojekte ausgegeben worden sein.

Doch den 8.000 Geflüchteten auf Lesbos fehlt es noch immer an fast allem. Das sagen mehrere voneinander unabhängige Quellen. „Ich bin auch der Meinung, dass das Geld nicht bei den Geflüchteten ankommt“, schreibt etwa Alice Kleinschmidt von der deutschen NGO Borderline Europe der taz. (...)

 

r
Im Regen, Bild: Moria Corona Awareness Team

 

Die kleineren NGOs Lesvos Solidarity und Refugee4Refugees schrieben nur, keine Kapazitäten zur Beantwortung der Anfrage zu haben. Intersos wollte gar keine Angaben machen. Drop in the Ocean sowie Help International haben gar nicht auf die Fragen reagiert.

Von den Hilfen „kommt bei den Menschen bisher wenig an“, sagt Omid Alizadah. Er engagiert sich im Moria Corona Awareness Team, einer von Geflüchteten selbst organisierten Gruppe. Sie informiert über Face­book, gibt Erste-Hilfe-Kurse und Tipps, sich zu schützen. „Es wurden auch Masken gespendet, aber nur Wegwerfmasken“, sagt er. „Wir brauchen aber zehn Mal so viele und wiederverwendbare.“

Sein Wunsch: Die Versorgungslücken vor Ort müssten erkannt und schnell geschlossen werden – eine Handwaschstation reiche nicht, der Winter ist schon da. Etwa 8.000 Geflüchtete leben heute auf Lesbos. Die eingesammelten vier Millionen entsprechen pro Kopf 500 Euro. Warum gibt es diese Diskrepanz zwischen Spendenhöhe und der Situation vor Ort?