Donnerstag, 17.02.2022 / 12:54 Uhr

Der Jemen, ein Kriegslabor für die Hisbollah

Von
Gastbeitrag von Yaacov Lappin

Bildquelle: Meo

Im Jemen kommen iranische Waffen und Taktiken zum Einsatz, welche die Hisbollah zuhause nicht testen kann.

 

Hisbollah-Mitglieder sind im Jemen präsent und unterstützen die Huthis, indem sie ihnen militärisches Wissen und Training vermitteln. Gleichzeitig lernen sie Lektionen aus dem »Kriegslabor Jemen«, die sie in Zukunft gegen Israel anwenden können, so ein hochrangiger ehemaliger Verteidigungsbeamter gegenüber dem Jewish News Syndicate.

Oberst a. D. Shaul Shay, ehemaliger stellvertretender Leiter des Nationalen Sicherheitsrates und derzeit leitender Wissenschafter am Internationalen Institut für Terrorismusbekämpfung in Herzliya, beschreibt einen »wechselseitigen Prozess« zwischen den radikalen schiitischen bewaffneten Gruppierungen, die beide vom Iran unterstützt werden.

»Die Huthis unterrichten auch die Hisbollah, die nicht die Möglichkeit hat, im eigenen Land Szenarien zu testen, die im Jemen zu finden sind – wie etwa Drohnenangriffe und Angriffe mit Marschflugkörpern auf weit entfernte Ziele.«

Die Huthis nehmen in gewissem Sinne eine regionale Vorreiterrolle ein, was den Einsatz iranischer Waffensysteme und Vorgangsweisen anbelangt.

Es sei wichtig zu verstehen, dass der Krieg im Jemen zwar als interne Fehde zwischen der legalen jemenitischen Regierung und den Huthis begonnen habe, nun aber »zu einem Machtkampf um die Vorherrschaft in der Region zwischen dem Iran und seinen Verbündeten und einer sunnitischen Koalition unter Führung Saudi-Arabiens geworden ist. Das ist, worum es hier geht«, erklärte Shay.

Der heutige Jemen-Krieg geht auf das Jahr 2015 zurück, als Saudi-Arabien eine Koalition aus zehn Ländern im Kampf gegen die Huthis anführte. Er hat eine starke regionale Dimension, weil der Iran die Huthis mit modernen Waffen ausrüstet, die sie immer wieder gegen saudische und jüngst auch gegen Ziele in den Vereinigten Arabischen Emiraten einsetzen.

»Wenn man sich ansieht, wie die Huthis auf die komplette Luftüberlegenheit der saudi-arabischen Koalition reagieren, dann zeigt sich, dass die Iraner sie mit strategischen Waffen wie ballistischen Raketen, Marschflugkörpern und bewaffneten Drohnen ausgestattet haben«, so Shay. »Diese drei Waffensysteme werden oft im Iran hergestellt und im Jemen zusammengebaut, nachdem sie in Einzelteile zerlegt ins Land geschmuggelt wurden.«

Dieselben iranischen Konzepte

Sowohl die Hisbollah als auch die vom Iran unterstützten schiitischen Milizen im Irak und in Syrien stützen sich auf dieselben iranischen Konzepte. »Die Iraner haben eine Realität geschaffen, in der sie ihre Handlanger finanzieren, ausbilden und deren praktische Schritte orchestrieren. So handelt es sich bei der Hisbollah und den Huthis um zwei von gegenseitigen Sympathien geprägte Gruppen, die in ihrem eigenen Gebiet operieren. Ihre Zusammenarbeit ist Teil eines Systems, das von Teheran gesteuert wird. Das ist der Blickwinkel, aus dem man das betrachten muss«, sagte Shay.

Die Huthis nehmen in gewissem Sinne eine regionale Vorreiterrolle ein, was den Einsatz iranischer Waffensysteme und Vorgangsweisen anbelangt. Die Hisbollah, die sich auf dieselben iranischen Systeme stützt, kann viel dadurch lernen, dass sie im Jemen vor Ort ist. Und auch für den Iran sind die Operationen der Huthis im Jemen höchst lehrreich.

»Für die Islamische Republik ist der Jemen-Krieg ein Labor, in dem sie die technische Leistungsfähigkeit ihrer Waffen testen kann. Sie kann auch beurteilen, wie effektiv ihre Einsatzpläne sind. Alle Varianten iranischer Raketen und unbemannter Flugfahrzeuge werden dort getestet«, so Shay. »Und das ist das Beunruhigende daran.«

Der Vorteil, den die Hisbollah daraus ziehen kann, liege klar auf der Hand. Seit dem Zweiten [FM1] Libanonkrieg 2006 habe die libanesische Schiitenarmee keine Gelegenheit mehr gehabt, bestimmte Bestandteile ihres eigenen Arsenals, das sie vom Iran erhalten hat, im Einsatz zu testen.

»Seit 2015 ist die Hisbollah im Jemen vor Ort – manche glauben, das sei schon seit 2014 der Fall. Die Hisbollah schickte Berater, die Schulungsprogramme unterstützten, vor allem zur Aktivierung von Bodentruppen und in einigen Fällen zum Einsatz von Waffen. Wir haben im Jemen in Felsen versteckte Sprengsätze gesehen, die uns aus dem Südlibanon bekannt waren, wo sie von der Hisbollah in den 1990er Jahren in der damaligen israelischen Sicherheitszone eingesetzt worden waren.«

Erfahrungen aus Syrienkrieg

Diese Erfahrungen gesellten sich zu den Lektionen, welche die Hisbollah im Syrienkrieg gemacht habe, als sie viel über die Landkriegsführung, den Krieg in städtischem Terrain und die Koordinierung von Artilleriefeuer gelernt habe, so der ehemalige hochrangige Militär. »Diese Lektionen teilt sie wiederum mit den Huthis.«

Zusätzlich habe der Iran die Huthis mit sprengstoffbeladenen Schnellbooten ausgestattet, die ferngesteuert werden und im Roten Meer gegen militärische und zivile Schiffe eingesetzt würden. Eine solche Angriffsoption sei für die Hisbollah von gewissem Interesse, warnte Shay abschließend: »Es würde mich nicht wundern, wenn wir Ähnliches in Zukunft in der nördlichen Arena, im Libanon, wiedersehen würden.«

(Der Text ist auf Englisch unter dem Titel »Houthis and Hezbollah are learning warfighting techniques from one another« zuerst beim Jewish News Syndicate erschienen und erschien auf deutsch bei Mena-Watch.)